Preise regulieren: Teuerung ist nicht gleich Teuerung

Erneut ereilt uns die Hiobsbotschaft zur hiesigen Inflation: 4,1 Prozent beträgt sie zuletzt und ist damit doppelt so hoch wie der Eurozonen-Schnitt. Die Weltlage hat uns den überdurchschnittlichen Preis-Tsunami also nicht beschert. Politische Entscheidungen machen es möglich, die Teuerung ist zu Teilen hausgemacht.
Die Auswirkungen dieses politischen Handelns sind ungleich verteilt: Die Inflation belastet nicht alle gleich. Während manche die Preisexplosionen gut wegstecken, verschärft sich die ohnehin bereits prekäre Lage für jene, die schon vor der Teuerungswelle stark zu kämpfen hatten: Ärmere Haushalte und Frauen, die ebenfalls oft nur ein geringes Einkommen haben.
Während das reichste Einkommenszehntel der Menschen in Österreich bei den Grundbedürfnissen Energie, Wohnen und Lebensmittel um 8,6 Prozent mehr bezahlt als noch vor fünf Jahren, zahlen die Einkommensärmsten satte 14,5 Prozent mehr. Auch je nach Geschlecht trifft einen die Inflationskeule unterschiedlich hart: Frauen müssen, nur um die Ausgaben für ihre Grundbedürfnisse zu stemmen, 15,4 Prozent mehr zahlen als noch 2020. Bei Männern sind es nur 14,1 Prozent mehr.

Sophie Achleitner
Grundbedürfnisse
Das liegt an den Lebenslagen und damit verbundenen Konsummustern. Wer wenig hat, gibt einen großen Anteil des Einkommens zur Deckung der Grundbedürfnisse aus. Frauen müssen fast die Hälfte ihres Einkommens für Essen, Wohnen und Heizen ausgeben. Gerade die Preise für das Lebensnotwendige sind am stärksten gestiegen. Das sind aber Dinge, die man wenig bis gar nicht einsparen kann. Ein Urlaub kann schnell einmal ausgelassen werden, die Miete oder Lebensmittel hingegen nicht. Gleichzeitig ist Österreich beim Thema staatlicher Preiskontrolle in der EU ganz weit hinten. Nur knapp neun Prozent unseres Inflationswarenkorbs unterliegen administrierten Preisen. Im EU-Schnitt sind es zwölf Prozent, in der Schweiz sogar über dreißig. Überall dort, wo Preise reguliert wurden, stiegen sie viel langsamer.
Österreich hat ein Inflationsproblem, das nicht einfach vom Himmel gefallen ist – die Politik hat die Zügel in der Hand, um die Teuerung bei uns zu bändigen. Vor allem braucht es Preiseingriffe: Das am Mittwoch angekündigte Wohnpaket ist ein guter, aber äußerst zaghafter Schritt. Mieten sollten um maximal zwei Prozent steigen dürfen und Befristungen gehören (mit Ausnahmen) abgeschafft. Ein gesetzlicher Betriebskostenkatalog kann zudem sicherstellen, dass Vermieter:innen die Kosten für ihren Besitz, etwa die Grundsteuer oder Versicherungen nicht länger auf die Mietenden überwälzen. Der Strommarkt sollte nach Schweizer Vorbild reformiert werden: Eine regulierte Grundversorgung, eine starke Preisaufsicht und Unternehmen, die nicht auf Gewinnmaximierung, sondern auf Versorgung ausgerichtet sind. Bei den Lebensmitteln hilft die Null-Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel, transparente Daten über Preise und Margen, zeitlich begrenzte Margenobergrenzen, und ein Ende des “Österreich-Aufschlags“ durch territoriale Lieferbeschränkungen. Die Politik kann dafür sorgen, dass wir alle uns das Leben wieder leisten können.
Zur Autorin:
Sophie Achleitner ist Ökonomin am gewerkschaftsnahen Momentum Institut.
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