Putin und XI: Stählerne Partnerschaften haben auch ihre Grenzen

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Wie nachhaltig ist die Nähe zwischen Russland und China? Ein Gastkommentar von Walter Feichtinger.

Kreml-Chef Wladimir Putin sollte sich der Unterstützung Chinas nicht zu sicher sein, denn Peking wägt die Vor- und Nachteile von Beziehungen genau ab. So könnten z. B. Trumps angedrohte Sekundärsanktionen dazu führen, dass Russland sein Öl nur mehr schwer an den Mann (China und Indien) bringen kann.

Generell fragt sich, ob Putin und Xis demonstrative Nähe der aktuellen geopolitischen Lage entspringt oder ob sie über Nachhaltigkeit verfügt. Denn die Lage kann sich rasch ändern, die Interessen der Staaten aber bleiben und hier ist festzustellen, dass chinesische und russische Vorstellungen häufig divergieren. Putin geht von einer Partnerschaft auf Augenhöhe aus, doch die Beziehungen werden immer asymmetrischer. Aufgrund des Kriegs gegen die Ukraine und westlicher Sanktionen gerät Russland immer mehr in Chinas Abhängigkeit. Nicht nur wirtschaftlich, auch die Lieferung von Dual-Use-Gütern z. B. zur Drohnenproduktion ist von großer Bedeutung für die Kriegsführung. Dabei war doch Russland lange Zeit der wichtigste Lieferant moderner Rüstungsgüter für China.

Walter Feichtinger

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Konkurrenz

Außerdem könnte die Konkurrenz auf dem Rüstungsmarkt, ein starker Exportfaktor für Russland, die zukünftige Beziehung stark trüben. Nachdem Russland seine Waffen für den Krieg in der Ukraine benötigt, schlüpft Peking immer mehr in die Rolle des weltweiten Ersatzlieferanten. Es ist nicht zu erwarten, dass es nach Kriegsende vornehm zurücktreten wird.

Zögern

China nutzt seine Stellung als wichtigster Abnehmer von russischem Öl und Gas, um die die Preise deutlich zu drücken – was Putins Kriegskassa schmälert. Das lange chinesische Zögern beim Bau der neuen Gaspipeline Power of Siberia 2 zeigt, dass sich Peking nur bedingt von russischen Lieferungen abhängig machen möchte.

Besonders schwer dürfte Putin aber die klare Führungsrolle Pekings in der SCO (Shanghai Cooperation Organisation) treffen, in der Russland lange Zeit den Ton angab. Damit geht auch der steigende Einfluss Chinas in Zentralasien und im postsowjetischen Raum einher. Ein außenpolitisches Debakel, das viele im Kreml schmerzt. Dass China in BRICS+ das Sagen hat und Russland eine nachgeordnete Rolle zukommt, widerspricht ebenfalls der Vorstellung von einer gleichberechtigten Beziehung.

Eiskalt

Putin und XI demonstrieren zwar bei jeder Gelegenheit freundschaftliche Geschlossenheit, doch sie sind eiskalte Machtpolitiker. Sie verfolgen zielstrebig ihre Interessen, persönliche Gefühle sind nachrangig. Putin dürfte inzwischen klar sein, dass Russland auf Dauer China nicht das Wasser reichen kann. Die Asymmetrie im politischen, wirtschaftlichen, militärischen und demografischen Bereich wird erdrückend, Russland droht, immer mehr in die Rolle eines Juniorpartners oder Erfüllungsgehilfen zu geraten. Das würde das russische Selbstbild von einer Supermacht völlig konterkarieren.

Kreml-Strategen werden daher schon an Optionen tüfteln, um dem chinesischen Würgegriff zu entgehen. Zweifellos wären dabei die USA erste Wahl. Peking hingegen wird dieses russische Schwächemoment nutzen, um strategische Pflöcke, etwa bei der Nutzung der Arktis, einzuschlagen.

Zum Autor:
Walter Feichtinger ist Militäranalyst und Präsident des Center für Strategische Analysen (CSA).

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