Nahost-Konflikt: Kein Frieden in Aussicht

ISRAEL-PALESTINIAN-CONFLICT
Nach dem achten Krieg in der Region wird auch ein neunter Krieg kommen. Ein Gastkommentar von Janos I. Szirtes.

Der aktuelle Konflikt ist der achte Krieg im Nahen Osten. Dieser trat in seine vierte Phase. Nachdem Israel zu der Überzeugung kam, die militärische Kraft der Hamas entscheidend geschwächt zu haben, wandte man sich der weitaus stärkeren Hisbollah, dem libanesischen Teil der bewaffneten Palästinenser, zu. Im Gegensatz zur Hamas mit ursprünglich einigen Tausend Gotteskriegern verfügt diese über einige Zehntausend Soldaten. Sie sind im Gegensatz zum Gazastreifen mit Tausenden auch modernen Raketen ausgerüstet. Sie wurden nicht vernichtet, aber stark geschwächt. Auch die Bombardierung Irans hat Teheran erheblich geschwächt, aber das Ziel wurde nicht erreicht.

Nun geht es als vierte Etappe in Israel darum, den palästinensischen Gazastreifen zu zerschlagen. Es geht nicht mehr um solche Objekte, die nach dem gültigen Völkerrecht nicht angegriffen werden dürfen. Der Ausbau der Kommandostruktur der Hamas unter Moscheen, Krankenhäusern, Schulen und Wohnhäusern ist zum größten Teil zerschlagen, aber nicht vernichtet. Hamas wollte dadurch Angriffe verhindern, oder – wenn nicht – so hohe Kollateralschäden wie möglich verursachen, womit der Gegner international diskreditiert werden kann. Dies ist gelungen. Als Resultat hat Gaza an die fünfzigtausend, der Libanon mehrere Tausend zivile Opfer zu beklagen. Die anfängliche breite Unterstützung Israels ist daher gebröckelt, die Welt fordert einen Waffenstillstand, ohne eine Lösung für einen dauerhaften Frieden zu haben.

Nahost-Konflikt: Kein Frieden  in Aussicht

Janos I. Szirtes

Israel ist sich bewusst, dass eine endgültige Lösung des Nahost-Problems weder heute noch in den vergangenen 75 Jahren möglich ist bzw. war. Weder die Bevölkerung, noch die Politik waren sowohl in Israel als auch bei den Palästinensern (und insgesamt im Nahen Osten) zu jenen Opfern, die ein dauerhafter Frieden mit sich gebracht hätte, bereit. Es geht der israelischen Regierung daher darum, die verlängerten Arme Irans, seines Hauptfeindes in der Region, möglichst zu schwächen, damit ein mehr oder weniger dauerhafter Waffenstillstand zustande kommt.

Die volle Kontrolle Gazas, vielleicht auch die totale Aussiedlung der Palästinenser, liegt in der Luft, was einen neunten Krieg im Nahen Osten verzögern, aber nicht verhindern kann. Die Vorgehensweise Netanjahus wird hauptsächlich durch die orthodoxen, rechtskonservativen Mitglieder der Regierung der nationalen Einheit bestimmt. Ein Ende des Krieges, ein dauerhafter Frieden ist damit nicht zu erreichen.

Die israelische Gesellschaft ist in der Frage des Krieges gespalten. Die Angehörigen der Geiseln der Hamas protestieren laut gegen die Politik des Kriegskabinetts. Die achtzigtausend Bewohner Nordisraels, die entlang der libanesischen Grenze seit einem Jahr ausgesiedelt sind, möchten zurück. Hunderttausende sind gegen den Krieg, und bei einer Neuwahl würde Netanjahu verlieren. Selbst eine totale Aussiedlung der Palästinenser würde nicht zur Vernichtung der Gotteskrieger führen können, so wie die erzwungene Verlegung des PLO-Hauptquartiers nach Tunis kein Ende des Widerstandes gegen Israel mit sich brachte.

Israel würde Zeit gewinnen, aber nicht den Frieden. Es geht weiter, wie immer: Der neunte Krieg kommt bestimmt, bis dahin vielleicht eine Weile Waffenstillstand – und kein Frieden in Aussicht.

Zum Autor:

Janos I. Szirtes ist Politikwissenschafter, lebt in Budapest, war Journalist und Diplomat.

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