Israel beim ESC: Europa hat gesprochen und viele wollen es nicht hören

FILES-SWITZERLAND-ISRAEL-PALESTINIAN-CONFLICT-MUSIC-EUROVISION-T
Eine israelische Perspektive zur Song-Contest-Kontroverse von Botschafter David Roet.

Seit sechs Monaten steht das Ergebnis fest: Der österreichische Kandidat JJ hat den Eurovision Song Contest von Basel gewonnen, und Yuval Raphael aus Israel belegte, getragen von Millionen europäischen Zuschauerinnen und Zuschauern, den zweiten Platz. Die Menschen hörten Yuvals Song, mochten ihn, stimmten für ihn. Eine einfache, demokratische Entscheidung.

Doch genau diese Entscheidung kollidierte frontal mit den Erwartungen eines kleinen, aber umso lautstärkeren Aktivistennetzwerks in Spanien, Irland und anderswo, für die es unvorstellbar ist, dass etwas Israelisches in Europa Zuspruch finden könnte. Was folgte, war keine Auseinandersetzung über Musik oder Kultur. Es war eine Weigerung, die Entscheidung eines gesamten Kontinents hinzunehmen – die Weigerung zu akzeptieren, dass die verbreitete politische Erzählung einiger Regierungen und Aktivisten eben nicht von der Mehrheit der Europäer geteilt wird. Als die Realität nicht zu ihrer Weltanschauung passte, wurde Verwirrung zu Wut.

Die Feindseligkeit der vergangenen Monate macht dies deutlich. Aktivisten kletterten auf Kirchen, störten Weihnachtsmärkte, beschädigten Synagogen, verwandelten kulturelle Veranstaltungen in politische Schlachtfelder. All diese Aktionen folgten derselben Logik: Europa müsse einen israelischen Künstler ablehnen, weil Israel, und jeder, der aus Israel kommt, grundsätzlich als „böse“ betrachtet wird.

Als Boykotte scheiterten und die breite Bevölkerung nicht mitmachte, griff man zu Verschwörungserzählungen. Und so kommen wir zu den neuen Eurovision-Regeln. Nachdem Europa klar gezeigt hatte, dass die Zuschauer Israel unterstützen, wurde manchen Kräften bewusst: Die bisherigen Regeln führen nicht mehr zuverlässig zum gewünschten Ergebnis. Also wurden sie angepasst. Wenn der Boden nicht geneigt genug ist, neigt man ihn eben selbst.

Ein Mann mit Brille und Anzug lächelt vor einem dunklen Hintergrund.

David Roet.

Schieflage

Die deutlichste Schieflage im Jahr 2025 kam nicht von der Öffentlichkeit, sondern von den Jurys. Spanien ist das eindrucksvollste Beispiel: Die spanische Jury vergab Israel 0 Punkte, während die spanische Öffentlichkeit Israel 12 Punkte, also das Maximum, gab. Auch in Österreich: 1 Punkt von der Jury, 8 vom Publikum. Das sind Diskrepanzen, die sich durch musikalischen Geschmack allein kaum erklären lassen. Natürlich ist Musik subjektiv. Über Geschmack und Geruch, so heißt es auf Hebräisch, solle man nicht streiten. Doch kein vernünftiger Beobachter kann behaupten, ein Beitrag, der so massive Publikumsunterstützung erhielt, sei wertlos.

Der Kern

Das ist der Kern der Geschichte. Nicht die EBU. Nicht technische Anpassungen. Sondern der einfache Umstand, dass Europa gesprochen hat – und manche nicht akzeptieren konnten, was Europa gesagt hat.

Israel wird weiterhin am Eurovision Song Contest teilnehmen. Die Bühne steht offen, und Israel wird weiterhin stolz darauf stehen. Möge der beste Song gewinnen, und möge Eurovision wieder das werden, was es immer sein sollte: ein Abend europäischer Unterhaltung, frei von Polarisierung und politischer Instrumentalisierung.

Europa kann sich hoffentlich eine Nacht lang einfach amüsieren. Und viele von uns freuen sich bereits jetzt auf Wien 2026.

Zum Autor:

David Roet ist Botschafter des Staates Israel in Österreich.

Kommentare