Herr Waltraud: Ein Herrenwitz, der Fragen aufwirft
Der Herr Waltraud ist eine zeitgenössische Version der Figur des „Herrn Karl“: (fast) ganz Österreich kann sich gleichzeitig über ihn aufregen UND derselben Meinung sein.
Ein rechtsradikaler Macho, ein ehemaliger Stundenhotelbesitzer, ein Betrüger – goschert und unerschrocken; abgefüllt mit diesem speziell austriakischen kleinkriminellen Energydrink hat er einen gelungenen Practical Joke geliefert: er ist jetzt eine Frau, mit alles.
Frauen können sich schief lachen und Herrn Waltraud nicht nur nicht böse sein, sondern viele sind ihm quasi dankbar für die hartnäckig gespielte Naivität, mit der er diese Eulenspiegelei betreibt. Schließlich führt Herr Waltraud die Absurdität der Idee des „Geschlechtswechsels“ exemplarisch und amüsant vor.
Männer – der Gutachter, dann der Leiter der größten heimischen Trans-Beratungsstelle „Courage“ Herr Wahala, der Herr Rechtsanwalt Graupner, ja sogar der Herr Innenminister Karner – beben alle vor Zorn und rufen „Missbrauch“, „Einzelfall“, „Strafanzeige“ – damit ja niemand auf die Idee kommen könnte, das Regelwerk selbst infrage zu stellen, das es überhaupt erst möglich macht, den Personenstand zu ändern, also die Biologie in der Identität aufzulösen.
Bettina Reiter.
Alle Regeln befolgt
Herr Waltraud aber lässt nicht locker: er hat alle Regeln befolgt, ist zu den richtigen Leuten gegangen und hat die vorgesehenen Wege eingehalten. Er war bei Courage, dem Platzhirschen unter den „Beratern“ und beim Psychiater – und dann hat das Standesamt ja auch bestätigt, dass er eine Frau ist. Wie kommt er dazu, sich jetzt Missbrauch vorwerfen lassen zu müssen?
Die juristische Seite dieser Farce wird nach der Anzeige des Athena-Forum gegen Herrn Waltraud, den Gutachter und gegen „unbekannt“ (die Verantwortlichen in den Behörden?) geklärt werden. Die Fragen, die Herr Waltraud süffisant und in durchschaubarer Absicht stellt, bleiben aber. Wer sagt, wie eine Frau auszusehen hat? Wie sexistisch ist das denn? Wer bestimmt denn, wann und wie die Erfahrung des „gelebten Geschlechts“ (was für ein logisches Ungetüm!) als Frau ausreichend ist, um auch die Papiere zu ändern?
Inneres Gefühl
Und was ist mit dem inneren Gefühl von Herrn Waltraud, der ja neuerdings auch betont, sich schon seit Jahrzehnten als Frau zu fühlen? Wo doch die „Geschlechtsidentität“ etwas ist, das – so Herr Wahala und sein Verein – nur der betreffende Mensch selbst wissen kann, ein geheimnisvolles inneres Gefühl?
Vereine wie Courage, Anwälte wie Graupner (und fast alle Parlamentsparteien in Österreich) vertreten, dass Identität (sie nennen das Selbstbestimmung) ein Menschenrecht sei. Das stimmt halt nur leider nicht. Es ist kein Menschenrecht, eine Frau zu sein.
Wer abends Gesetze macht und Regeln erlässt, die Identität über Biologie stellen, wacht morgens mit den Herrn Waltrauds auf.
Viel Vergnügen.
Zur Autorin:
Bettina Reiter ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychoanalytikerin in Wien.
Anm.: Der Wechsel des Geschlechts hat rechtliche Konsequenzen. „Waltraud“ erhob Anspruch darauf, eine Haftstrafe in einer Justizvollzugsanstalt für Frauen abzusitzen. „Waltraud“ hat auch ein Schreiben der PVA bekommen, wonach sie, respektive er, schon mit 61 anstatt mit 65 Jahren in Pension gehen kann. Es gibt zu dem Fall Strafanzeigen, Behörden prüfen rechtliche Schritte.
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