Wahlfreiheit beim Bargeld

Viele Seniorinnen und Senioren fühlen sich durch die zunehmende Digitalisierung diskriminiert
Es gibt ein höchst erfreuliches Begehren von relevanter Stelle, über das der KURIER berichtet hat. Die Nationalbank möchte, dass Bezahlen mit Bargeld rechtlich abgesichert wird. Der Grund: Immer mehr Geschäfte und Lokale wollen keine Münzen und Geldscheine mehr annehmen. Von 2020 bis 2024 ist die Zahl dieser Betriebe von 6 auf 9 Prozent gestiegen – womit in jedem elften Geschäft Rechnungen nicht mehr bar beglichen werden können.
Die Wahlfreiheit der Konsumenten werde von immer mehr Unternehmen missachtet und sei daher zunehmend gefährdet, sagt Nationalbank-Direktor Eduard Schock. Die Annahmepflicht beim Bargeld solle gesetzlich gestärkt werden.

Ingrid Korosec
Als Präsidentin des Seniorenrats, der gesetzlichen Interessenvertretung von mehr als 2,5 Millionen Seniorinnen und Senioren, kämpfe ich seit Langem auch im Rahmen der „Plattform Bargeld & Gesellschaft“ der Nationalbank wie eine Löwin dafür, dass das Bargeld und die Versorgung damit erhalten bleiben. Ein wichtiger Schritt zum Erhalt des Bargelds und des Zugangs dazu war die vergangenes Jahr getroffene Vereinbarung zwischen dem Gemeindebund und den Banken zur flächendeckenden Sicherstellung der Bargeldversorgung in den Kommunen. Die derzeitigen 8.600 Geldausgabeautomaten bleiben vorerst bis Ende 2029 an den bestehenden Standorten erhalten. Ebenso begrüßenswert ist die im Februar getroffene Festlegung von Nationalbank und Gemeindebund, dass es bis zu 120 neue Geldautomaten geben soll – in Gemeinden, in denen weder ein Automat noch eine Bankfiliale vorhanden ist. 2024 war das in 329 Kommunen der Fall. Vor allem in ländlichen Gebieten ist der nächste Bankomat oft weiter entfernt.
Bargeld ist nach wie vor sehr beliebt im Land, wie eine Umfrage des Beratungsunternehmens zeb zeigt: 58 Prozent der Transaktionen im Handel erfolgen bar. Aus vielen guten Gründen: Vor allem für ältere Menschen ist Bargeld gedruckte Freiheit. Es gibt Selbstbestimmung, Privatsphäre und Sicherheit. Für Bargeld ist keine technische Infrastruktur nötig, es ist Hacking-sicher. Es funktioniert immer – ob beim Bäcker, im Einkaufszentrum oder in der Apotheke. Eine Bankkarte ist bei einem Stromausfall oder Serverfehler nutzlos. Das hat sich aktuell beim Blackout in Spanien und Portugal gezeigt.
Mit Bargeld können die Ausgaben besser kontrolliert werden. Und für kleine Zahlungen wie einen Kaffee, Trinkgeld für Kellnerinnen und Kellner, Taschengeld für Kinder und Enkel sind Münzen und Scheine beliebter – und auch praktischer – als eine Karte. Transaktionen elektronisch abwickeln zu können, ist gut. Das Digitale darf das Bargeld aber nicht verdrängen. Die Wahlfreiheit muss es weiterhin geben – nicht zuletzt, um der Gefahr der Diskriminierung durch die fortschreitende Digitalisierung zu begegnen.
Ingrid Korosec ist Präsidentin des Österreichischen Seniorenbundes (ÖVP).
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