Neue Regierung: Mit Minister-Kontrolloren in alte Muster verfallen

Das neue ÖVP-Regierungsteam am Freitag vor dem Springer-Schlössl in Wien (Campus Tivoli)
Vor drei Monaten wurde an dieser Stelle von mir ausgeführt, dass eine Vergrößerung der Bundesregierung durchaus Sinn machen würde („Mehr Minister braucht das Land“, 29. 11. 2024).
Spätestens seit der Pandemie war klar, dass die Schaffung von Monsterressorts wie Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz so seine Tücken haben kann. Aber auch beim Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zeigte sich nach fünf Jahren, dass dies einfach zu viel für eine Person ist. Wer solch einen Bauchladen an Zuständigkeiten vor sich herträgt, kann nur scheitern.

Stefan Brocza
Statt sinnvollerweise zwei oder drei neue, thematisch innovative Ressorts zu schaffen, sind die Verhandler der künftigen Bundesregierung jedoch einen anderen Weg gegangen: Sie haben gleich sieben Staatssekretäre als Hilfe zur Erfüllung der Ministeraufgaben vorgesehen. Das alleine wäre noch kein Problem. Es gab schon Regierungen mit noch mehr Staatssekretären, etwa das Kabinett Kreisky IV, 1979–1983, mit beachtlichen neun Staatssekretären. Vielmehr kommt es darauf an, wofür diese installiert werden. Statt einzelne Zukunftsthemen hervorzuheben und ihnen ein politisches Gesicht zu geben – etwa den Pflegebereich – sind ÖVP, SPÖ und Neos hier in alte Verhaltensmuster verfallen: Ein schwarzer Kontroll-Staatssekretär im roten Finanzministerium hat genauso wenig Sinn wie sein roter Kontrollzwilling im schwarzen Innenministerium. Wie erfolgreich war denn Karoline Edtstadler als Aufpasserin von Innenminister Herbert Kickl? Weder hat sie die Spionage-Affäre rund um Egisto Ott erkannt noch die Erstürmung des BVT verhindert. In Erinnerung ist sie eher dadurch geblieben, dass die Zahl ihrer Kabinettsmitarbeiter zeitweise höher war als die von Kickl selbst.
Wobei wir beim eigentlichen Kern des Problems wären: den Kosten. Und da kommt es nicht darauf an, ob es ein, zwei Minister oder Staatssekretäre (die zudem formal ja nicht einmal Regierungsmitglieder sind) mehr gibt. Die eigentliche Kostenfrage stellt sich beim Umfang der jeweiligen Ministerkabinette. Warum hat ein Übergangskanzler Schallenberg aktuell beachtliche 23 MitarbeiterInnen in seinem Büro, während etwa die Zahl der Kabinettsmitarbeiter bei der amtierenden EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen rechtlich auf 12 limitiert ist? Das gleiche gilt übrigens auch für Werner Kogler: Seit 2. Oktober nicht mehr Vizekanzler, sondern einfaches Regierungsmitglied, weist auch sein Kabinett weiterhin stolze 23 Mitglieder auf.
Und warum Regierungsmitglieder, die gleichzeitig Parteichef sind, quasi automatisch immer einen Staatssekretär zur Arbeitsentlastung bekommen, sollte auch längst einmal thematisiert werden. Wenn Stocker, Babler und Meinl-Reisinger für die Führung ihrer Partei vom Ministeramt entlastet werden müssen, dann sollen das gefälligst ÖVP, SPÖ und Neos selbst bezahlen und nicht in der Form von Staatssekretären vom Staat subventioniert bekommen.
Stefan Brocza ist Experte für Europarecht und internationale Beziehungen.
Kommentare