Pariser Gipfel: Wie wir die KI-Wende schaffen können

Am 10. und 11. Februar findet in Paris der Aktionsgipfel zur Künstlichen Intelligenz statt
Künstliche Intelligenz (KI) stellt weit mehr dar als nur eine industrielle und technologische Revolution. Sie birgt das Potenzial für einen grundlegenden Wandel in unserer Gesellschaft, der unsere Beziehung zu Wissen, Arbeit, Informationen, Kultur und Sprache tiefgreifend verändert. In diesem Sinne ist KI keine neutrale Technologie, sondern eine Herausforderung, die dringenden politischen und gesellschaftlichen Diskurs erfordert. Dieser Dialog muss auf internationaler Ebene geführt werden und sämtliche Akteure einbeziehen – von den Regierenden und Forschenden bis hin zu Unternehmen und der Zivilgesellschaft.
Frankreich hat sich daher bereit erklärt, am 10. und 11. Februar Gastgeber des Pariser KI-Aktionsgipfels zu sein, zu dem rund 100 Staats- und Regierungschefs erwartet werden. Die zentrale Frage lautet: Wie schaffen wir die KI-Wende?
Angesichts der immensen Herausforderungen dieses Wandels und um dem Versprechen von Fortschritt und Emanzipation der KI-Technologien gerecht zu werden, brauchen wir einen gemeinsamen und vertrauensvollen Rahmen, der allerdings die Risiken berücksichtigt.

Matthieu Peyraud
Digitale Kluft
Zunächst gilt es, den Zugang zu KI für einen möglichst breiten Teil der Weltbevölkerung zu sichern, damit alle von den Möglichkeiten dieser Technologie profitieren können. Um die wachsende digitale Kluft zu verringern und der monopolistischen Konzentration des KI-Marktes entgegenzuwirken, wird der Gipfel eine umfassende Initiative für eine KI im Dienste des Gemeinwohls initiieren.
Diese soll die Entwicklung und den Zugang zu Rechenleistung, strukturierten Datensätzen, offenen Werkzeugen und Bildungsressourcen fördern und sowohl von öffentlichen als auch von privaten Akteuren unterstützt werden.
Ein zweites zentrales Anliegen betrifft die Notwendigkeit, die beiden großen Transformationsprozesse unserer Zeit – Umwelt und Technologie – miteinander zu verbinden. KI soll einen entscheidenden Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel und beim Schutz unserer Ökosysteme leisten. Doch gegenwärtig steuert der KI-Sektor auf eine unhaltbare Entwicklung zu: Prognosen zeigen, dass der Energiebedarf für den KI-Sektor bis 2026 im Vergleich zum Jahr 2023 um das Zehnfache steigen könnte. Dieser Trend ist nicht nachhaltig. Wir werden daher im Rahmen des Gipfels eine internationale Koalition für eine nachhaltige KI ins Leben rufen, um die Forschung zu den Umweltkosten von KI zu intensivieren, neue Standards zu setzen und grüne Investitionen zu fördern.
Das nächste Ziel besteht in der Schaffung eines inklusiven Systems für die KI-Governance, das über Fragen der Ethik und Sicherheit hinausgeht und auch den Schutz der Grundfreiheiten und des geistigen Eigentums, den Zugang zu Daten und die Bekämpfung der Marktkonzentration miteinbezieht.
Private Akteure sowie die Zivilgesellschaft sollen an der Diskussion über die globale KI-Governance teilnehmen, um eine koordinierte und transparente internationale Architektur für KI zu entwickeln. Derzeit sind nur sieben Länder an den wichtigsten KI-Initiativen beteiligt, während 119 Staaten ausgeschlossen sind, das muss sich ändern. Aus diesem Grund arbeiten mehr als 700 Partner aus der öffentlichen und privaten Sphäre, darunter Forschungsinstitute und NGOs aus allen fünf Kontinenten, an der Vorbereitung dieses Ereignisses.
Frankreich zählt besonders auf Österreich und auf seine Expertise in KI-Forschung und -Innovation. Gemeinsam wollen wir mit allen europäischen Ländern Expertise schaffen, um die europäische KI-Politik weiterzuentwickeln. Daher müssen bei diesem Gipfeltreffen die KI-Ökosysteme Frankreichs, Österreichs und Europas im Fokus stehen.
Der KI-Aktionsgipfel wird eine Chance für Europa sein, das auf der internationalen Bühne wieder eine führende Kraft sein muss. Man darf nicht vergessen, dass Europa eine große Rolle in der Internetrevolution gespielt hat und bereits ein wichtiger KI-Akteur und Vorreiter in der KI-Regulierung ist. Nun bietet sich eine historische Gelegenheit, Europas Rolle weiter zu stärken und die Grundlagen für eine KI zu legen, die im Dienste aller Menschen und einer nachhaltigeren, inklusiveren Welt steht.
Matthieu Peyraud ist Botschafter der Republik Frankreich in Österreich
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