JD Vance: Der Hilfssheriff war in der Stadt

Der US-Vizepräsident JD Vance nach seinem Auftritt bei der Münchner Sicherheitskonferenz
In der gleichnamigen Zeichentrickserie aus den 1960er-Jahren sorgte der Hund „Deputy Dawg“ als Hilfssheriff zusammen mit seinem Kumpel Muskie Muskrat für Recht und Ordnung in Florida.
Trumps Hilfssheriff JD Vance war vor Kurzem in München und warf den Europäern vor, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Die Replik von einigen Europäern war: „Das darf er nicht sagen.“ Die Republikaner behaupten, dass sich Europäer im US-Wahlkampf eingemischt haben. Die britische Labour-Partei unterstützte sogar eine Gruppe, die für die Demokraten warb.

Melanie Sully
Die Ukraine ist für Vance ein europäisches Problem. Und Friedenssicherung in der Ukraine sehen er und Trump als europäischen Job. Das erfordert eine massive Erhöhung der Verteidigungsbudgets. Wer also geglaubt hat, Frieden könne ohne Waffen und Soldaten gesichert werden, wird eines Besseren belehrt.
Europa tickt anders als die USA. Es besteht nicht nur aus EU-Mitgliedern, es gibt Atommächte und neutrale Länder. Alle sind traumatisiert von den Kriegen der Vergangenheit. Die Angst des Kontinents, von Diktatoren überrannt zu werden, hat nicht nur auf den Schlachtfeldern, sondern auch in der Psyche der Bevölkerung Narben hinterlassen. Gleichzeitig wollen die Europäer ihren Wohlstand und staatliche Sozial- und Gesundheitssysteme erhalten, was immer schwieriger zu finanzieren ist.
Der britische Premierminister Keir Starmer wurde wegen seines Versprechens gewählt, das Gesundheitssystem zu reformieren, marode Schulen zu renovieren und für leistbares Wohnen zu sorgen. Und das alles, ohne Steuern zu erhöhen. Den Streitkräften wiederum fehlen Soldaten, Geräte und Munition. Die Labour-Regierung pocht auf Wirtschaftswachstum als Grundlage für ihre ehrgeizige Innen- und Außenpolitik. Dazu braucht die Wirtschaft gute Beziehungen zu China, was zu neuen Spannungen mit den USA führen könnte. Großbritannien will in der Weltpolitik noch immer über seiner Gewichtsklasse boxen. London, Paris und Berlin bilden in dieser Vorstellung die echten Machtzentren Europas. Doch alle in diesem Dreieck sind mit abnehmendem politischen und wirtschaftlichen Einfluss konfrontiert.
Für Trump und Putin hingegen war immer klar, dass der erste Schritt zur Beendigung des Krieges in der Ukraine ein Tête-à-Tête sein wird. Beide sind von der alten Politik des Kalten Kriegs geprägt. Es gab eine Zeit, in der Europa davon träumte, eine „dritte Kraft“ zwischen Ost und West zu sein. Sowohl der amerikanische als auch der sowjetische Imperialismus wurden mit Skepsis betrachtet. Viele Europäer stehen den USA ablehnend gegenüber. Aber in schwierigen Zeiten rufen sie Washington an. „Deputy Dawg“ hat den Europäern einige Binsenweisheiten ins Stammbuch geschrieben. Jetzt müssen sie Prioritäten einsetzen.
Melanie Sully ist eine britische Politologin und wohnt in Österreich.
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