Die arme Republik: Es kam, wie es kommen musste
Die Koalitionsbildungsversuche der Abwehrparteien gegen Rechts scheiterten. Die Ausgangslage hat nichts anderes erwarten lassen. Die SPÖ hat sich an ihre historischen Wurzeln erinnert und trat für ultimative Gerechtigkeit durch mehr Mittel für Umverteilungen von den „Reichen“ ein. Das darf Andreas Babler selbstverständlich, jedoch sollte das die AK unterlassen, denn sie ist keine Zweigorganisation der SPÖ. Ihre Forderung nach mehr Vermögenssteuern wird mit falschen Tatsachen unterlegt. Eine „Millionärssteuer“ mit dem Argument zu fordern, dass es nach der OECD-Statistik in den meisten Staaten viel höhere Vermögensteuern gebe, ist Fake News. Die Statistik umfasst in etwa die dänische Grundsteuer mit rund 7 Mrd. Euro, die US Property Tax mit rund 600 Mrd. Dollar etc. Aber keine Millionärssteuer, die es nur in der Schweiz und Norwegen gibt. In Norwegen, wenn die Wähler die Progressiven wieder aus der Regierung entfernt haben werden, wird diese wieder beseitigt. Die AK sollte ihre volkswirtschaftliche Abteilung auflösen, die das nicht unterscheiden kann.
Die ÖVP, wendig, je nach Bündedominanz, wollte gar keine neuen Steuern, genauso wie die Neos. Ja, das Budget ist aus dem Ruder gelaufen, dank der ÖVP, die entgegen ihrer Eigenwahrnehmung, Wirtschaftspartei zu sein, noch nie Standortpolitik verstanden hat. Ein Beispiel: die Forderung nach einer Senkung der lohnabhängigen Abgaben durch den jetzt die Parteilinie bestimmenden Wirtschaftsbund. Die Wirtschaftskammer finanziert sich mit mehr als einer halben Mrd. aus diesen Mitteln. Wer also fordert, was im eigenen Verantwortungsbereich längst angegangen werden könnte, sollte nur noch in Begleitung eines Erwachsenenvertreters seine Parolen äußern dürfen.
Die Neos sind auch kaum glaubwürdig gewesen. Was wollen die in der Bildungspolitik? Ihr Stadtrat Wiederkehr hat einfach den Zuzug von Kindern durch die Familienzusammenführung übersehen, dem Bund die Schuld gegeben, nicht aber die wahre Ursache, die verfehlte Sozialpolitik der SPÖ, verstanden.
So kam es, wie es kommen musste. Es gab keine Kompromisse der sonst so kompromisssüchtigen Parteien. Herbert Kickl schickt sich an, das Land zu regieren. Die Wähler haben ihn mit der Mehrheit ausgestattet, weil sie von der Kompromissfindung von ÖVP und SPÖ genug haben. Beispiel: Es musste im Jahr 2014 die Grunderwerbsteuer für Schenkungen von Grundstücken der Eltern an ihre Kinder als Kompromiss in der Steuerreform eingeführt werden, weil es ungerecht wäre, einen Geburtsvorteil zu haben. Hingegen hat man die Lücke für Immobilienentwickler bei der Veräußerung der Anteile an Immobilienprojektgesellschaften nicht geschlossen. Wer lieber René Benko ungeschoren lässt, jedoch die Familien zur Kasse bittet, aus Gründen der Gerechtigkeit, hat wohl ein Weltbild und hinkende Fachkenntnisse, welche jede Wiederwahl verunmöglichen. Auch Herbert Kickl wird die kaputte Republik nicht aufrichten können, dazu fehlen ihm die umfassenden, weltanschaulich neutralen Kenntnisse, die für eine kleine, offene Volkswirtschaft unerlässlich sind, die jedoch auch in SPÖ und ÖVP nicht vorhanden sind. Armes Österreich, der steigende Markt hat alles zugedeckt, der fallende schonungslos offengelegt.
Gottfried Schellmann ist Wirtschaftsexperte und Steuerberater.
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