Lieferkettengesetz legt Unternehmen an die Ketten

Ein Arbeiter mit rotem Helm bedient einen Gabelstapler in einem Lagerhaus.
Das geplante EU-Lieferkettengesetz bringt wenig, belastet aber die Wirtschaft. Der Aufstand der Unternehmen ist gerechtfertigt.
Robert Kleedorfer

Robert Kleedorfer

Hohe bürokratische Hürden, die die wirtschaftliche Entwicklung hemmen; eine teure Energiewende, die die Produktionskosten nach oben treibt; eine Infrastruktur, die nicht mehr den Anforderungen einer führenden Industrienation entspricht; eine Koalition, die mehr streitet als Reformen auf den Weg bringt; und zuletzt immer wieder Streiks in der Luftfahrt und bei der Bahn, die den Verkehr tagelang lahmlegen und die Wirtschaft Milliarden kosten. Eigentlich schon ausreichend Gründe, um als Wirtschaftstreibender in Deutschland zu verzweifeln. 

Und nun soll obendrauf das EU-Lieferkettengesetz kommen. Ein solches gibt es in Deutschland seit dem Vorjahr, allerdings in einer weniger strengen Form, als es die EU derzeit plant. Dieses soll 2026 in Kraft treten und große Unternehmen dazu verpflichten, ihre Lieferanten hinsichtlich Umweltstandards sowie sozialer und arbeitsrechtlicher Gegebenheiten (ESG genannt) zu überprüfen und nötigenfalls gegen andere auszutauschen.

Das klingt aus menschlich-ethischer Sicht nachvollziehbar. Denn wer befürwortet schon Kinderarbeit oder einen Raubbau an der Natur? Doch wieder einmal stolpert die Europäische Union über ihre eigenen moralischen Ansprüche und verliert dabei die Wirtschaft aus dem Blick. Schon bisher hat der zunehmende, mehr oder weniger verpflichtende Fokus auf ESG-Kriterien bei Unternehmen einen Mehraufwand verursacht. 

Das Lieferkettengesetz setzt noch eins drauf. In der Praxis müssen nämlich alle Lieferanten genau unter die Lupe genommen und es muss darüber Bericht erstattet werden. Doch wie das konkret ablaufen wird, ist noch offen. Müssen künftig eigene Abteilungen gegründet werden, deren Mitarbeiter regelmäßig in die entlegensten Winkel der Welt reisen, um jeden Lieferanten von – zum Beispiel – Schrauben oder Bananen vor Ort zu bewerten? Oder reicht es, sich in Europa auf die Angaben des Zulieferers zu verlassen? Vielleicht lieber nicht, denn es drohen saftige Strafen. Wobei zuvor EU-Mitarbeiter die Angaben überprüfen müssten – ebenso weltweit. Was ebenfalls wieder mehr Bürokratie nach sich ziehen würde.

Für Konsumenten wird es teurer

Beobachter warnen vor weiteren Auswirkungen des Gesetzes: Mangels Kontrollierbarkeit und aus Angst vor Strafen könnten Unternehmen Aufträge aus ärmeren Ländern abziehen. Das hätte sowohl Nachteile für deren Volkswirtschaften als auch für die Konsumenten in Europa, da die Produkte teurer würden. Und auch kleineren österreichischen Betrieben droht ein Mehraufwand – schließlich müssen sie, sofern sie weiterhin zuliefern wollen, alle nötigen Daten liefern.

Der Aufstand in Deutschland gegen das Gesetz ist nachvollziehbar. Die EU steht im harten Wettbewerb mit anderen Weltregionen und sollte daher besser Bürokratie abbauen, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Porträt eines Mannes vor dem Hintergrund des Logos „Kurier Kommentar“.

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