Warum man das alles in einem Leitartikel betonen muss? Weil die Mitte, in der wir uns im KURIER gut aufgehoben fühlen, durch Polarisierung zunehmend bedroht ist. Kaum eine andere Berufsgruppe ist aktiver im gegenseitigen Niedermachen als Politiker und Journalisten. Das Ergebnis: Das Image beider Gruppen ist ramponiert und hat links- wie rechtspopulistischen Parteien und Medien-Plattformen den Weg geebnet. Manche Themen haben diese Zuspitzung verschärft: die Flüchtlingswelle 2015, der Präsidentschaftswahlkampf 2016, die blaue Regierungsbeteiligung und jetzt Corona. Mit den besorgniserregend steigenden Zahlen positiver Tests steigt auch das Fieber der öffentlichen Debatte. Der schwedische Weg war im Falle des Virus problematisch, weil er zu viele Tote verursachte. Aber zumindest demokratiepolitisch kann man sich ein Beispiel daran nehmen, wie reibungslos politische Wechsel funktionieren und wie Regierung und Opposition an einem Strang ziehen, wenn es wirklich wichtig ist.
Wenn schon ein politischer Schulterschluss bei uns wohl illusionär ist, so sollte doch wenigstens der Aggressionspegel sinken. Es stehen keine wichtigen Wahlen an. Schickt eure Troll-Armeen heim!
Der KURIER ist Anhänger des viel zitierten (aber leider wenig praktizierten) „constructive journalism“, sprich: Kritisiere und jammere nicht nur, sondern zeige auch Lösungen auf (siehe unsere Serie „Klimafreitag). Natürlich machen auch wir jeden Tag Fehler, die von aufmerksamen Lesern zu Recht kritisiert werden. Aber wir sind guten Willens, Qualität zu liefern, alle Seiten anzuhören und allen eine Stimme zu geben.
Mit 66 fängt das Leben an, hat KURIER-Platin-Romy-Preisträger Udo Jürgens einst gesungen. Wir blicken jedenfalls stolz zurück und mit Optimismus in die Zukunft. „Unsere stärkste Waffe ist die Wahrheit“, hat unser früherer Chefredakteur Hugo Portisch 2019 in einem KURIER-Interview über den Journalismus gesagt. „Schreiben, was ist“, das alte „Spiegel“-Motto, scheint nicht mehr überall in Mode zu sein. Wir im KURIER bemühen uns darum – auch dann, wenn wir uns damit unbeliebt machen.
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