Corona ist das Müdigkeitsvirus. Nach mehr als einem Jahr ist man so vieler Dinge müde: Dass man nur noch fremdbestimmt agiert und Politiker und irgendwelche Gremien über unseren Bewegungsradius entscheiden; dass wir in unseren Freiheiten schon so lange beschränkt werden; dass wir unseren Job (sofern wir ihn behalten konnten) und unseren Alltag nicht so gestalten können, wie wir wollen; dass man uns andauernd Hoffnung macht, diese aber durch neue Schreckensnachrichten sofort wieder zerstört; dass wir nicht in unsere Kalender eintragen können, wann der Blödsinn endlich vorbei ist (Ende Corona, Halleluja, rot eingeringelt!). All das subsumiert unter: Dass wir nicht mehr autonome Individuen, sondern in virale Abhängigkeitsverhältnisse geschlittert sind (wie autonom wir davor tatsächlich waren, ist eine andere Frage).
Nach all den emotionalen Wellen, die wir in dieser Krise mitgemacht haben – von Angst bis Empörung, von echten bis vorgegaukelten Schulterschlüssen, von Zustimmung bis Ablehnung gegenüber Regierungsmaßnahmen, von Freude über Regionalität bis Empörung über Nationalismen, von Schuldeingeständnissen (selten) bis zu Schuldzuweisungen (häufig) – nach dieser langen Reise erleben viele ihre bisher schlimmste Frühjahrsmüdigkeit.
Das Problem daran ist nur: Wer jetzt ungeduldig wird und vielleicht rebelliert (etwa durch Abnehmen der Masken) gewinnt nicht mehr Freiheit, sondern verlängert nur die Coronahaft für alle. Ein weiteres Problem: Auch die Regierenden sind alles andere als frei in ihren Entscheidungen, sondern primär reaktiv und abhängig von äußeren Umständen wie kaum zuvor. Was auch immer sie tun, sie machen es nur unwesentlich besser.
Daher gibt es eine einzige Lösung in dieser finalen und bisher schwierigsten Phase: Ein paar Wochen, Monate noch durchhalten, auch wenn so viele die Nase voll haben. Und dann viel Spaß bei der Aufarbeitung.
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