Die Rückkehr des Leistungsgedankens

Es bewegt sich etwas in der Schule, und niemand bunkert sich ein: Das ist überraschend positiv.
Martina Salomon

Martina Salomon

Vielleicht liegt es auch daran, dass er den Habitus des freundlich-schlaksigen Uniprofessors hat: Bildungsminister Faßmann verlässt manchen Irrweg der vergangenen Jahre, ohne Aggression auszulösen. Erstaunlich! Wobei Reformen unbestritten nötig sind. Denn nicht der Wirtschaftsstandort, sondern der Schulstandort ist in vielen Bereichen „abgesandelt“.

Auch wenn man nicht alles goldrichtig finden muss, stimmt doch die Richtung. Dass der Begriff „Leistung“ – mit Noten und Leistungsgruppen – in die Schule zurückkehrt, ist gut. Nein, schlecht, sagen Kritiker, weil Schulnoten allein nichts aussagen. Aber Noten plus verbale Beurteilung, wie geplant, sind eine Rückmeldung, die anspornen kann. Und eine Gesamtschule vulgo Neue Mittelschule funktioniert nur mit Leistungsgruppen. Sitzenbleiben für junge Volksschulkinder wäre allerdings wirklich kontraproduktiv (ein Punkt, der offenbar FPÖ-Wünschen geschuldet war, später aber abgemildert wurde).

SPÖ-Manager Thomas Drozda hat seiner Partei in einem KURIER-Gespräch vergangene Woche übrigens vorgeschlagen, den Leistungsgedanken wieder zurückzugewinnen. Das ist ein positives, längst überfälliges Signal. Weil wir gerade der Republiksgründung gedenken: Es waren Sozialdemokraten, die Bildung für die Arbeiterschaft forderten und förderten – wissend, dass sozialer Aufstieg nur über (Aus-)Bildung möglich ist. Und es war ein SPÖ-Chef (Alfred Gusenbauer), der den vernünftigen Leitspruch von der „solidarischen Hochleistungsgesellschaft“ erfunden hat.

Besinnt sich die SPÖ ihrer einstigen Ideale?

Sonderproblem des heimischen Schulwesens ist ein überdurchschnittlich hoher Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund. Bis 40 Prozent sind bewältigbar, sagt der OECD-Experte Andreas Schleicher im KURIER. Darüber wird es schwierig. Doch in Österreich gibt es nicht wenige Klassen, in denen 100 Prozent der Schüler eine andere Umgangssprache haben als Deutsch. Sogenannte Brennpunktschulen brauchen daher nicht nur Lehrer, sondern auch Sozialarbeiter und Psychologen. Denn da geht es auch um ein bildungsfeindliches Elternhaus, um Gewalt sowie um Druck auf muslimische Mädchen, sich streng islamischen Regeln zu unterwerfen. Dass Kinder mit Migrationshintergrund aber automatisch schlechtere Schüler sind, ist Unsinn. Sie sind nicht nur in der niedrigsten Leistungsstufe besonders stark vertreten, sondern auch in der höchsten, sagt Schleicher: weil den Klugen klar ist, dass ihr Fortkommen nur von ihrer Leistung abhängt. Was ihnen besonders helfen würde? Natürlich Ganztagsschulen. Dass diese nicht flächendeckend vorhanden sind, ist ein Armutszeugnis. Ein noch unter Kanzler Kern geplantes Ausbauprogramm wurde gekürzt. Das kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Es bräuchte sogar ein Schulneuprogramm.

Noch mehr als bisher müssen Lehrer(innen) auch zu Lern-Coaches der Kinder werden. Derzeit herrscht eine Tendenz, Problemkinder von einer Institution an die andere weiterzugeben, bis zur Endstation AMS. Höchste Zeit, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Kommentare