Der Klimaschutz steht vor dem Kollaps

Der Klimaschutz steht vor dem Kollaps
Der nächste, schwer enttäuschende Klimagipfel ist zu Ende. Das einzige weltweite Gremium für Verhandlungen hat nichts gelöst.
Bernhard Gaul

Bernhard Gaul

Der erste Fehler liegt in der wissenschaftlichen Kommunikation. Die dreht sich darum, die Erderwärmung auf 1,5 °C bis maximal 2 °C zu begrenzen. Wen bitte soll das stören? Den nächsten Satz – nämlich dass es sich dabei um einen globalen Durchschnittswert handelt und wir in einer 3 °C- bis 4 °C-Welt, auf die wir eigentlich zusteuern, katastrophale bis apokalyptische Zustände vorfinden werden – hört ja dann niemand mehr. Dabei haben die Wissenschafter – Meteorologen, Geophysiker, Ozeanografen und Biologen – die Folgen offengelegt: Je wärmer, desto mehr tödliche Hitzewellen, desto mehr Dürren und Starkregen-Ereignisse, desto mehr Ökosysteme kollabieren, desto mehr Hungersnöte wird es geben – bis hin zu einem Verschwinden der Kryosphäre und einem Abbremsen des Golfstroms, der für Europas gemäßigtes Klima so wichtig ist. Im August fiel in Pakistan plötzlich die siebenfache Regenmenge, gefolgt von einer Hitzewelle. Auf diesem Weg befinden wir uns weltweit, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht.

„Ich habe den Eindruck, vielen ist noch nicht klar, dass die menschliche Existenz auf dem Spiel steht. Unser Planet Erde wird sich weiter drehen, auch wenn durch die Überhitzung die menschliche Zivilisation zugrunde geht“, stellte Bundespräsident Van der Bellen im KURIER kürzlich fest, und er hat wohl recht. Wissenschaft und Politik müssen sich also zuerst einmal dringend fragen, warum das so ist. Auch im Nationalrat wurde zuletzt nur darüber diskutiert, dass sich junge Klimaaktivisten an Kunstwerken vergehen oder sich an diese ankleben, aber nie, warum sie das tun. Dabei sind die Österreicher im weltweiten Vergleich noch relativ gut über die Klimakrise informiert – und besorgt.

International scheint das nicht der Fall zu sein. Das hat sich einmal mehr bei diesem 27. UN-Klimagipfel gezeigt. Die Europäer blieben mit insgesamt 61 Staaten der „High Ambition Coalition“ im Wüstenort Sharm el-Sheikh im Regen stehen. Wir versprechen Geld, Kredite und Sicherheiten und verpflichten uns als weltweit Einzige zur CO2-Emissionsreduktion, erhalten dafür aber kaum ein Entgegenkommen bei konkreten Klimaschutzmaßnahmen der Schwellenländer. Die Notwendigkeit von höflichen Umgangsformen und des Einstimmigkeitsprinzips der UNO hat dazu geführt, dass bis heute in keinem einzigen Gipfeldokument eine Perspektive für den Totalausstieg aus Gas und Erdöl auch nur erwähnt wird, so niederschmetternd das auch ist. Und die nächste Klimakonferenz wird im Öl-Emirat Dubai stattfinden, ganz so, als würde man einen Anti-Drogengipfel vom Cali-Kartell in Kolumbien ausrichten lassen.

Die Europäer sollten sich dringend fragen, wie man den UN-Klimaschutz neu aufstellen kann. Denn so rasen wir mit schlafwandlerischer Sicherheit in die Katastrophe.

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