Demnächst soll die Statue gekippt werden, die Attacken darauf werden wohl weitergehen. Dabei war der ehemalige Wiener Bürgermeister innovativ und äußerst populär. Er entwickelte Wien zu einer modernen Großstadt, ließ wichtige Sozialeinrichtungen und Infrastruktur wie die Hochquellenwasserleitung errichten, kommunalisierte Gaswerke und Tramway. Seine dunkle Seite war das populistische Spiel mit dem Antisemitismus. Das hat den jungen Adolf Hitler beeindruckt, wie so viel anderes im Wien ab 1908. Darauf hinzuweisen und die Geschichte verstehen, um aus ihr zu lernen, ist immens wichtig. Mutwillige Sachbeschädigung und Nötigung hingegen lösen genau das Gegenteil aus: Es schürt Aggression statt Verständnis.
Abgesehen davon: Müsste man dann nicht gleich alle Denkmäler schief stellen? Zum Beispiel jene von Karl Renner? Der ehemalige Kanzler war 1938 der prominenteste sozialdemokratische Befürworter des Anschlusses. Oder Julius Tandler mit seiner Eugenik? Oder Franz Schuhmeier, der als „Volkstribun von Ottakring“ mit Antisemitismus polemisierte?
Sollten wir nicht gerade jetzt auch das besonders provokant hochgereckte „Russen-Denkmal“ am Schwarzenbergplatz stürzen und die – wenigstens kontextualisierte – Stalin-Gedenktafel in Meidling entfernen (beides Teil des Staatsvertrags)? Und was zum Teufel hat Michael Häupl lang vor Andreas Bablers marxistischen Bekenntnissen geritten, 2008 eine Che Guevara-Büste im Donaupark aufzustellen, außer, dass man in Häupls Jugend als Revoluzzer galt, wenn man mit dem ikonischen Che-Bild am T-Shirt herumlief?
Wer mit Bilderstürmerei beginnt, findet so schnell kein Ende: Müssen nicht auch die Kriegsherrn Prinz Eugen und Kaiser Franz Joseph aus dem öffentlichen Leben getilgt werden? Ist Maria Theresia (Vertreibung der Juden aus Böhmen) unumstritten?
Nein, so schaut Fortschritt nicht aus. Die Klimakleber und Denkmalschmierer drehen gefährlich an der Eskalationsschraube. Sie spalten die Gesellschaft und radikalisieren: Viele aus Unwissenheit, manche ganz bewusst. Am Ende solcher – scheinbar – gut gemeinter Aktionen steht Gewalt. Das braucht wirklich niemand. Wehret den Anfängen.
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