Wien, das Finanz-Schlaraffenland

Wer dieser Tage aus dem Urlaub zurückkehrt, wird sich vielleicht über ein ganz besonderes Poststück im vollen Briefkasten wundern. Die bunte Rathaus-Postille „Mein Wien“ (Auflage 1,2 Millionen Stück) berichtet nämlich in der jüngsten Ausgabe über die „stabilen Finanzen“ der Stadt Wien . Tenor: „Budgetdefizit reduziert, Neuverschuldung geringer“.
Da fällt die Freude über die Rückkehr in die Heimat gleich viel größer aus – erst recht, wenn man in chronisch überschuldeten Südländern wie Griechenland oder Italien Urlaub machen musste. Wie gut, dass Wien anders ist und man hierzulande „nachhaltig wirtschaftet“ und die Neuverschuldung um 500 Millionen Euro geringer als geplant ausfiel, wie „Mein Wien“ über die „positiven Kennzahlen“ berichtet. Weiter wie bisher also im Finanz-Schlaraffenland Wien.
Tricks und Voodoo-Ökonomie
Wer jetzt stutzig wird, weil er aus der Qualitätszeitung seines Vertrauens ganz andere Zahlen in Erinnerung hat, der liegt goldrichtig. Denn wahr ist, dass ein Budgetdefizit von fast 1,8 Milliarden und eine Verschuldung von knapp zwölf Milliarden Euro Rekordwerte in der Geschichte der Bundeshauptstadt darstellen. Und die angeblich eingesparten 500 Millionen großteils auf der Auflösung von Rücklagen basieren.
Derlei Tricks sind – mangels weiterer Rücklagen – heuer gar nicht mehr möglich, weshalb seit der Wien-Wahl hektisch versucht wird, das für heuer prognostizierte Rekord-Minus von fast vier Milliarden Euro noch schnell um 500 Millionen zu drücken. Dies in den restlichen Monaten des Jahres noch zu schaffen, erinnert zwar etwas an Voodoo-Ökonomie, aber die neue Finanzstadträtin Barbara Novak wird eh an ihren Taten (und Zahlen) gemessen werden.
Dass die Bevölkerung bereits auf ein Sparpaket vorbereitet wird – teurere Öffis und Bäder hier, Ausbaustopp bei Spitälern und U-Bahnen dort – ist ohnedies unüberhörbar. Das mit den „stabilen Finanzen“ war also bloß ein fiebriger Sommernachtstraum.
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