Blauer Schatten über der Regierung

Christian Stocker und Herbert Kickl während Sondierungsgesprächen im Frühjahr 2025
Ist Politik ungerecht? Vertreter der drei Regierungsparteien ÖVP, SPÖ und Neos werden das derzeit wohl mit einem lauten Ja beantworten. Da hat man trotz der finanziellen Krise rasch ein Doppelbudget auf die Beine gestellt. Da wurden langjährige Forderungen umgesetzt oder auf Schiene gebracht, von der Messengerüberwachung über die Bundesstaatsanwaltschaft bis hin zur Abschaffung der Bildungskarenz oder Vereinfachungen bei Belegspflichten. Da wurden auch den Sommer über stakkatoartig Themen gesetzt – teilweise sehr holprig –, von der Teilzeitdebatte über die Lebensmittelpreise bis hin zur Mietpreisbremse.
Und dennoch bewegt sich in den Umfragen kaum etwas. Zuletzt lagen ÖVP und SPÖ bei den Sonntagsfragen mit rund 22 und 20 Prozent unter dem Ergebnis der Nationalratswahl 2024, während die Neos nur ganz leicht auf rund 10 Prozent zulegt haben.
Auf der anderen Seite hat sich FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl den Sommer über aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Im Juli und August gab es nicht einmal zehn Presseaussendungen von ihm. Vielmehr postete er Urlaubsfeeling und kündigte zuletzt per Instagram an, dass es für die „Verlierer-Ampel“ politisch ein heißer Herbst wird. ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti hat das sogar zum Thema gemacht und Herbert Kickl als „Chef der Faulsten Partei Österreichs“ attackiert. Verfangen hat sich das in der Bevölkerung nicht.
Die Freiheitlichen verzeichnen derzeit ein Umfragehoch, deutlich über der 30-Prozent-Marke. Als ob sie derzeit nichts falsch machen könnten.
Es muss sich für die Dreierkoalition wie ein blauer Schatten anfühlen, der schwer auf ihr lastet. Das war auch in der Zeit der türkis-grünen Vorgängerregierung so. Die ständigen Hinweise auf die vielen Krisen – von Corona bis zum Ukrainekrieg –, die gemeistert werden mussten, haben nicht gereicht, um diesen Schatten abzuschütteln. Es wurden die Krisen zwar mit viel Einsatz bewältigt, eine Aufbruchsstimmung konnte in der Bevölkerung dennoch nicht erzeugt werden. Aber nur die kann zu einem politischen Gamechanger werden.
Das ist jetzt genauso. Dass die Bundesregierung arbeitet und nicht streitet, wird von einer Mehrheit als positiv bewertet. Ist es auch, wenn man nur als Vergleich nach Deutschland blickt, wo CDU und SPD von einem Koalitionskrach in den anderen taumeln. Es reicht aber nicht. Es muss rasch etwas Messbares und Spürbares auf den Tisch, damit das Vertrauen in die Regierungsarbeit wächst. Die FPÖ hat es da leichter. Sie kann sich darauf konzentrieren, 2027 in Kärnten den nächsten Landeshauptmannsessel zu erobern. Auch Oberösterreich wähnen die blauen Strategen in Schlagweite. Und wenn das eintritt, wird diese Dreier-Regierung sicher nicht die volle Periode überleben.
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