Außerdem trägt er die Last der Thomas-Schmid-Chats (ohne darin vorzukommen) – ein „Geschenk“ für Rot und Blau. Die beiden Oppositionsparteien schließen gerne pragmatische „Koalitionen“, etwa bei den U-Ausschüssen. Vor dem Kurz-Sturz war die SPÖ (damals noch unter Rendi-Wagner) sogar ohne Zögern zu einem provisorischen Regieren mit Blau und Grün bereit.
Eine blau-rote Regierung mit der stark nach links gerückten Babler-SPÖ sollte man daher nicht reflexartig ausschließen. Schließlich haben auch Kreisky und Sinowatz mit der FPÖ kooperiert. Eine politische Erklärung dafür wäre schnell gefunden: Man opfere sich für die gute Sache, eine „Rechtsrechtsregierung“ zu verhindern. Auf X (Twitter) brüstet sich mancher bereits mit Worten wie: „Das wäre die ultimative Rache an der ÖVP.“ Auch wenn mit Peter Kaiser und Anton Mattle rot-schwarze Stimmen zu Zusammenarbeit raten, ist der Graben zwischen ÖVP und SPÖ tiefer als zwischen Rot und Blau. Sozialpolitisch stand die FPÖ ja ohnehin immer eher links.
Der ÖVP-Obmann hingegen beraubt sich vorschnell der FP-Option. „Ich grenze Herbert Kickl nicht aus. Er grenzt sich selbst aus“, wird er nicht müde zu betonen. Aber Blaue ohne Kickl wird es nicht geben, solange der es mühelos schafft, alle irgendwie von der Politik Frustrierten abzusammeln. Der blaue Frontmann wiederum hat die Schmach nicht vergessen, von der ÖVP (und auch vom Bundespräsidenten) aus der Regierung geworfen worden zu sein, obwohl er mit Ibiza nichts zu tun hatte.
Nehammer könnte sich als Kandidat des geringeren Risikos gegenüber den Links/Rechts-Polen präsentieren. Und er punktet möglicherweise in der direkten Konfrontation. Bei den ORF-Sommergesprächen haben Kickl und Babler Schwächen gezeigt. Der FP-Chef wird sich diesen Debatten vielleicht sogar mit dem Argument seines Kampfes gegen den „linken“ ORF entziehen.
Zu Jahresende gibt es womöglich drei circa gleich starke Parteien, ein „Köpferollen“ nach der Wahl ist denkbar, eine andere Koalition als die jetzige so gut wie sicher. Zum Fest der Heiligen Drei Könige ist noch unklar, welchem „Stern“ die Parteichefs (und welchem die Wähler) folgen werden.
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