Bedrohter Weihnachtsfrieden

Bedrohter Weihnachtsfrieden
Die verschärften Sicherheitsvorkehrungen in diesen Tagen sind ein Fanal für Europas Zukunft, das viele noch nicht begriffen haben.
Rudolf Mitlöhner

Rudolf Mitlöhner

Es sind beklemmende Bilder: Scharfschützen zu Weihnachten vor dem Stephansdom; auch vor vielen anderen Kirchen und Christkindlmärkten verschärfte Sicherheitsmaßnahmen. Noch dramatischer die Lage in Deutschland: Bombenspürhunde im Kölner Dom und Einlasskontrollen für die Gottesdienstbesucher.

Nach Weihnachten ist vor Silvester: Die Berliner Polizei plant nach eigenen Angaben den größten Polizeieinsatz seit Jahrzehnten („Das liegt vor allem am Nahost-Konflikt, der die Einsatzlage deutlich anspruchsvoller und komplexer macht.“). 

Und natürlich bleiben auch in Österreich die verschärften Sicherheitsvorkehrungen – mit Schwerpunkt auf Kirchen bzw. christlich konnotierte Orte/Einrichtungen – aufrecht.

Hat man in den europäischen Gesellschaften die Dramatik der Entwicklung, die sich in solchen Bildern widerspiegelt, hinreichend begriffen? Gewiss, zuletzt ist in etlichen Ländern und auch auf europäischer Ebene ein Umdenken in Sachen Migration zu bemerken. Aber ob man auch zu einer geistig-kulturellen Selbstbesinnung fähig oder willens ist, ohne die Europa, wie wir es kennen, nicht zu retten sein wird, ist mehr als fraglich.

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Auch und gerade seitens der christlichen Kirchen hört man dazu wenig. In den Weihnachtspredigten der katholischen Bischöfe Österreichs und Deutschlands findet sich dazu (soweit sich das den einschlägigen Berichten entnehmen lässt) nichts. Viele gute, auch tiefe und ernsthafte Gedanken, das wohl – aber doch kein Wort zu jener enormen Herausforderung, die gerade auch Gläubige mehr als vieles andere umtreibt. Auch nicht vom Kölner Kardinal Rainer Woelki, in innerkirchlichen Debatten eine Stimme der Vernunft und Besonnenheit (und daher ein Feindbild vieler Links- bzw. „Reform“-Katholiken). Er dankte zwar ausdrücklich den Sicherheitskräften und auch den Gottesdienstbesuchern, dass „Sie sich nicht haben erschrecken lassen, sondern mutig hergekommen sind“ – aber zum Versuch einer zeitdiagnostischen Einordnung, weshalb der Sondereinsatz der Polizei und der Mut der Gläubigen überhaupt notwendig waren, konnte oder wollte er sich offenbar nicht entschließen.

Möglicherweise steht dahinter das Missverständnis, dass deutliche Worte zu diesem Thema nicht mit der weihnachtlichen Botschaft von Frieden und Versöhnung vereinbar wären. Aber sagen nicht gerade Bischöfe und Priester – zurecht – immer, dass Weihnachten kein liebliches Fest, keines der vordergründigen Harmonie ist? Wie in allen politischen Dingen gilt auch hier: Ohne Klarheit des eigenen Standpunkts, ohne Willen und Bereitschaft zur Selbstbehauptung ist kein aufrechter Dialog möglich und erst recht kein Frieden, der diesen Namen verdient.

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