Viktor Orbán und die EU haben es vergangene Woche ohne jeden Genierer vorgemacht. Der eine hat eine andere Vorstellung von Rechtsstaatlichkeit, von der EU und hat zudem eine Despotenaffinität, zumindest zu Wladimir Putin. Die Union wiederum hält Gelder für Ungarn mit erhobenem Zeigefinger zurück und tritt Putin energisch entgegen. So weit, so Plan. Dann will die EU Beitrittsgespräche mit der Ukraine beginnen, Orbán blockiert, Brüssel macht zehn von 22 Milliarden Euro locker, Orbán blockiert nicht mehr, aber für eine Zustimmung zu weiterer Finanzhilfe an die Ukraine will er die restlichen 12 Milliarden ...
Man weiß nicht, ob Orbán von Recep Tayyip Erdoğan gelernt hat oder umgekehrt, aber der kann’s auch: Seit bald eineinhalb Jahren blockiert die Türkei den NATO-Beitritt Schwedens – vorgeblich deshalb, weil Provokateure in Stockholm Koran-Exemplare verbrannt haben. In Wahrheit will sich’s der Präsident in seiner Hop on/hop off-Beziehung zu Wladimir Putin nicht mit dem Russen verderben – wurde oft vermutet.
Eine noch wahrere Wahrheit, pardon, heißt: Die Türkei will US-Jets, aber die Amerikaner blockieren. Als Joe Biden im Sommer Unterstützung andeutete, lenkte Erdoğan in Sachen Schweden ein – scheinbar, inzwischen ist alles wieder blockiert. Und die jüngste Erdoğan-Volte lautet: Ebnet die EU den Weg Ankaras in die Union, ebnet er den Weg Schwedens in die NATO. Erdoğan weiß natürlich, dass die EU-Türen für ihn zu sind, aber ein bisschen was kann man schon rausholen in Sachen Zollunion, Flüchtlingsdeal etc.
Derweil steht Wladimir Putin im Verdacht, hinter den Koran-Verbrennern in Schweden zu stehen, um Erdoğan gegen Stockholms zu mobilisieren. Nach großem Plan riecht das auch nicht, eher nach politischer Kleinkriminalität.
Die Republikaner machen ihr Ja zu US-Ukrainehilfe von einer dichten Grenze zu Mexiko abhängig. Margaret Thatcher führte einen sinnlosen Krieg (Falkland), um Wahlen zu gewinnen – die Liste ließe sich fortsetzen, und die Verknüpfung von Dingen, die nichts miteinander zu tun haben, ist nicht neu, das Junktim kann mitunter sogar Mittel zum guten Zweck sein. Meist riecht es aber eher nach Hinterzimmern im Basar – dort wird entschieden, wie sich die Welt dreht.
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