Auch mal auf die Optimierung pfeifen
Optimieren heißt, etwas immer weiter zu verbessern, etwas in den bestmöglichen Zustand zu versetzen und so lange daran zu arbeiten, bis es den optimalen, den goldenen Zustand erreicht hat. Optimieren, das ist zum Inbegriff unserer Zeit geworden: alles muss neuerdings optimiert werden – der Körper, die Kinder, der Job, der Haushalt, die Beziehung, Unternehmen und alles, was rundherum so läuft.
Es wird an allen Schrauben gedreht, so lange, bis die Perfektion erreicht ist. Oder so lange, bis die Zahlen passen, die Bilanz stimmt, es nicht mehr besser geht.
Die Selbstoptimierung geht so weit, dass man sich dafür Coaches sucht oder Anleitungen aus Büchern sucht. Der Tag hat 24 Stunden, wer aber früher aufsteht, sich besser vorbereitet, optimaler in den Tag startet, der gewinnt. Das verfolgen die Anhänger des „5 Uhr Clubs“.
Sie verändern die Verteilung ihres Tages – kürzer schlafen, früher wach sein, die Produktivität damit fördern und insgesamt besser performen. Ein Konzept, gut für all jene, die ihre innere Uhr leicht umstellen können. Die mit dem schrillenden Wecker, der die Nacht verkürzt, aber nicht ihre Lebensqualität beschneiden.
Mein Vorhaben, am Mittwoch besonders früh aufzustehen, wurde jäh durchkreuzt. Vom Hund der in der Nacht raus musste und dem Kind mit Wachstumsschmerzen. Womit wir bei einem wichtigen Element in einer sich dauernd optimierenden Welt sind: dem Menschen mit seinen Bedürfnissen, Befindlichkeiten und Schwächen. Optimieren, das geht nur so weit, bis Physis und Psyche ans Limit kommen.
Gar nicht selten ist dann das Gegenteil des optimalen Verhaltens angebracht. Da muss man in Situationen innehalten, nicht nachhetzen und nichts erzwingen wollen. Dann ist es besser, durchzuatmen und auch mal auf die Optimierung zu pfeifen.
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