Dass das einzelne Leben so viel zählt, dass für seine Bewahrung, Verlängerung und Optimierung alles nur Mögliche getan wird, ist – bei allen Problemen, die sich daraus im Einzelnen wieder ergeben – eine zivilisatorische Errungenschaft, welche im Krieg außer Kraft gesetzt wird. Wobei hier freilich nochmals ein gewaltiger Unterschied besteht zwischen demokratischen Staaten, welche danach trachten, ihre Soldaten und auch gegnerische Zivilisten einigermaßen zu schützen, und totalitären Systemen, in denen der einzelne per se nichts zählt und nur zum Kanonenfutter im Sinne eines „höheren“ politischen und/oder religiösen „Zieles“ (der Nation, einer Idee, des Paradieses …) taugt.
Der Tod ist etwas ganz Persönliches
Immer aber ist der Tod – wie unvorhergesehen und plötzlich auch immer er einen trifft – etwas ganz Persönliches. Und er lässt Nächst- und Nahestehende betroffen zurück: Kaum wo wird so viel Hilflosigkeit und ja, auch religiöse Unbehaustheit spürbar wie angesichts der Unwiderruflichkeit des Endes.
Interessanterweise kombiniert die katholische Kirche ja das Totengedenken zu Allerseelen mit dem inhaltlich eng mit Ostern und dem Auferstehungsglauben verbundenen Fest Allerheiligen: Letzteres ist im Kern ein Fest der Freude, welches jene Menschen in den Fokus rückt, die nach kirchlicher Lehre als Vorbilder für ein geglücktes Leben dienen. Freilich, die Sehnsucht nach solchen Vorbildern, nach Menschen, die Orientierung bieten, ist auch außerhalb der Kirche und unabhängig von persönlichen Glaubensüberzeugungen groß.
Verbindung zwischen Lebenden und Toten
Weil Allerheiligen ein gesetzlicher Feiertag ist, hat sich das eigentlich mit Allerseelen verbundene Totengedenken auf den 1. November verschoben und es sind die beiden Tage miteinander gewissermaßen verschmolzen. Tatsächlich gibt es aber auch einen inneren Zusammenhang: die Ahnung einer Verbindung zwischen Lebenden und Toten, einer Verbundenheit über den Tod hinaus, und letztlich – aus christlicher Perspektive – die Hoffnung auf Vollendung.
Vielleicht ist das, wofür symbolisch Allerheiligen/Allerseelen steht – lebensbejahende Zuversicht auch angesichts von Not, Tod und Elend –, ja auch jenseits von Kirche und Religion die einzig mögliche Haltung, um ein Leben in Würde und Anstand zu führen.
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