Ein Millionär wird Oberbürgermeister von Sofia

Im EU-Land Bulgarien ist trotz massiver Proteste der Regierungskandidat Wassil Tersiew zum Oberbürgermeister der Hauptstadt Sofia gewählt worden. Der 45-jährige Unternehmer erhielt als Bewerber des prowestlichen Bündnisses aus der Partei "Wir setzen den Wandel fort" (PP) und der reformorientierten Partei Demokratisches Bulgarien (DB) bei der Stichwahl am Sonntag 48,17 Prozent der Stimmen, wie die Zentrale Wahlkommission am Montag mitteilte.
Damit lag der Millionär Tersiew knapp vor der Kandidatin der oppositionellen Sozialisten, Wanja Grigorowa. Die Wirtschaftsberaterin bei einer großen Gewerkschaft kam auf 46,92 Prozent. Soziologen sehen in der Hauptstadt ein Protestvotum gegen die Regierung: "Sofia protestiert gegen die westliche Mainstream-Narrative", sagte der Exekutivdirektor von Gallup International Balkan, Parwan Simeonow, in der Wahlnacht. Sofia werde zum "politischen Synonym" für die Polarisierung in dem Land.
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Tersiews Eltern als auch der Großvater arbeiteten bei der Staatssicherheit
Wassil Tersiew wird als ein moderner und europafreundlicher Politiker wahrgenommen. Er hat den Vorsatz, die Stadt zu transformieren und die langanhaltenden Herausforderungen anzugehen, darunter Luftverschmutzung, Korruption und mangelhafte Umsetzung öffentlicher Projekte. Kritiker bemängeln seine mangelnde politische Erfahrung und fehlende Kompetenz in Stadtplanung, aber Tersiew ist fest davon überzeugt, dass seine unternehmerische Erfahrung und seine Investitionstätigkeiten ihm dabei helfen werden, die Stadt besser zu führen als seine Vorgängerin Jordanka Fandakowa, die seit 2009 Sofia regiert hat.
Einen Schatten in seiner Vita stellt die Tatsache dar, dass sowohl seine Eltern als auch der Großvater bei der Staatssicherheit gearbeitet haben. Diese war wie in vielen Ostblockländern ein Repressionsapparat des kommunistischen Regimes. Nach der Ankündigung seiner Kandidatur rückte dies in den Fokus als das vorherrschende Thema.
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Tersiew will "der Gesellschaft etwas zurückgeben"
Doch in erster Linie stellt sich immer noch die Frage, warum sich Tersiew, dessen IT-Unternehmen Telerik im Jahr 2014 für die Rekordsumme von 262,5 Millionen Dollar verkauft wurde, dazu entschieden hat, in die Politik einzusteigen. In einem TV-Interview im Juni 2023, seinem ersten als Kandidat, erklärte er: "Ich bin fest davon überzeugt, dass erfolgreiche Menschen der Gesellschaft etwas zurückgeben sollten."
Nachdem er am Sonntag die Bürgermeisterwahlen in Sofia mit 48,2 Prozent der Stimmen gewonnen hat, hat er nun die Gelegenheit dazu.
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