Geheimgänge in der Wiener Innenstadt: Die Welt unter Wien

Geheimgänge in der Wiener Innenstadt: Die Welt unter Wien
Kellerführung mit Gabriele Lukacs: Die Wiener Unterwelt ist ein Labyrinth und so tief wie die Häuser der Altstadt hoch. Und sie ist bis heute voller Geheimnisse

Der Einstieg in die Wiener Unterwelt liegt – zumindest für die Teilnehmer der unterirdischen Stadtführung – unterhalb der Stufen der Mölker Bastei, im traditionsreichen Trachtengeschäft Tostmann.

Zuerst zählt Gabriele Lukacs, Stadtführerin und Buchautorin, die Gruppe durch. Eine Sicherheitsmaßnahme,
falls sich im Labyrinth unter der Stadt doch jemand verirrt. Schließlich ist die Wiener Innenstadt vollständig
unterkellert – und zwar mehrere Etagen tief und oft miteinander verbunden. „Früher konnte man hier seine Wege komplett unterirdisch zurücklegen“, sagt sie. Noch im 2. Weltkrieg dienten die Kellersysteme den Wienern als
Schutz vor Bombenangriffen. Heute sind die Verbindungen zwischen den Kellern aber meist zugemauert.

Wiener Geheimgänge

Zwischen Dirndln in allen Farbschattierungen führt die Steintreppe ein Stockwerk tiefer – in die ehemaligen Stallungen des 600 Jahre alten Melker Stiftshofs. Die nächsttiefere Etage entdeckte Unternehmerin Gexi Tostmann bei Renovierungsarbeiten nur zufällig – einem auffällig lockeren Ziegel sei Dank. Mit Erlaubnis der benediktinischen Hausherren wurde die Mauer durchbrochen und ein Netz von Gängen und Kellern freigelegt.

Der Legende nach führt von hier unten gar ein Geheimweg unterirdisch bis zum Stephansdom. Einst soll sich hier unten nämlich, so erzählt man sich, ein Lehrmädchen der Tostmanns verirrt haben, und beim Dom
wieder „aufgetaucht“ sein.

Die Forschung über die Wiener Keller gestaltet sich jedenfalls alles andere als einfach, weiß Lukacs aus
„Wie tief sind wir jetzt?“, fragt Lukacs in die Runde. Drei Stockwerke tief, lautet der Konsens. Es sind vier. „Ursprünglich waren es sogar fünf, aber unter uns fährt jetzt die U-Bahn.“

Seltsam deplatziert steht eine dicke Marmorsäule im Raum. Sie gehört zu den sogenannten Josephinischen
Säulen, die entlang der heutigen Rotenturmstraße in zahlreichen Kellern standen. 1711 sollte nämlich die frisch
gegossene Pummerin an ihren Platz im Südturm des Steffl gebracht werden. Einziges Problem: der wie ein Emmentaler durchlöcherte Wiener Untergrund, dessen Gewölbe der über 22.000 Kilo schweren Glocke nicht standgehalten hätten. Daher ließ Kaiser Joseph I. unterirdische Pfeiler errichten, um den Transportweg
zu stabilisieren.

Gefängnis unter der Stadt

Am Hohen Markt befindet sich die letzte Station der Führung. Diesmal geht es in den Keller des Wellness Concept Stores Herbarium Officinale. „Der Hohe Markt war die Hinrichtungsstätte im alten Wien“, erklärt Lukacs. „Da wurden die Menschen gehängt, geköpft, gevierteilt und sonst allerhand Grausliches.“ In den verschachtelten Räumen unter dem Hohen Markt befanden sich die Zellen, in denen die Verurteilten auf die Vollstreckung ihres Urteils warten mussten. „Die Mauern speichern das“, ist Lukacs überzeugt. Da ist man
fast froh, wieder Tageslicht zu erblicken.

Gabriele Lukacs zählt die Gruppe wieder durch. Es fehlen vier. Sie sind wohl im Geschäft hängen geblieben. Oder – wer weiß – vielleicht haben sie den geheimen Tunnel zum Stephansdom gefunden.
 

Geführte Spaziergänge, etwa ins Hietzinger Villenviertel, durch die Wiener Sagenwelt, auf den Spuren von Mördern, Hexen und Henkern oder rund um berühmte Wiener Liebesgeschichten.

Information unter: wienfuehrung.at

Gabriele Lukacs

Information über Bücher und Führungen der Autorin unter mysterytours.at

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