Probebacken brauchen wir nicht

Probebacken brauchen wir nicht
Er bekocht derzeit im eigenen Wohnhaus, in fremden Privatküchen oder für einen Abend in einem Barockschloss in Steyr: Haubenkoch Lukas Kapeller ist erst 32 Jahre alt, überraschen kann ihn beim Kochen trotzdem kaum mehr etwas

Die locker im Raum verteilten Tische können ihren Ursprung nicht verbergen.  Ob mit vier oder zwei Beinen samt Bodenkufe – nicht zufällig kommen einem Bürotische in den Sinn. Im ersten Stock des Direktionsgebäude der früheren „Steyr Werke“ stehen sie zwar auf einem schönen, alten Parkettboden. Aber hier sitzt niemand mehr über Akten, es wirkt gemütlich, mit  Perserteppich und Bildern an den Wänden.

Das Ambiente ist durchaus Ausdruck von Freiheit. Bis das neue Restaurant des mehrfach ausgezeichneten Haubenkochs Lukas Kapeller im Dachgeschoß des Hauses – das er mit seiner Familie auch bewohnt –  fertig ist, kocht er  hier, in einer Art erweitertem Wohnzimmer mit Küchenzugang.  Acht Gänge tischt er seit Jänner an drei Abenden pro Monat hier mit Co-Koch Michael Schlöglhofer auf.  
 

Probebacken brauchen wir nicht

Der „Wohnzimmer-Koch“: Lukas Kapeller arbeitet am liebsten bei
sich daheim – oder als „Bestellkoch“ (hier bei Event in Kroatien)

Vom Pop-up-Restaurant zum Dachboden

Dass 2023 wieder ein Restaurant unter seiner Ägide in Steyr eröffnet, wird die Fans des 32-Jährigen freuen. Der mittlerweile dreifache Familienvater hatte 2010 mit 20 Jahren sein erstes eigenes Lokal in der Stadt eröffnet, schnell folgten Auszeichnungen. Der Restaurant-Guide Gault&Millau bewertete ihn mit zwei Hauben. Doch bereits 2016 schloss  „Das Lukas“ wieder, nicht aus finanziellen, sondern aus familiären Gründen. „Wenn man so jung ist, weiß man nicht, was da  wirklich auf einen zukommt. Am Ende des Tages sind es viele Stunden, die man investiert.“ Losgelassen hat ihn das Kochen allerdings nie, Kapeller baute danach ein Catering-Unternehmen auf – und kochte auf Bestellung in Privathaushalten. Bis noch vor der Pandemie die Idee mit dem Dachbodenausbau entstand und mit Michael Schlöglhofer ein Partner gefunden war. Und weil der bereits Zeit hatte, entschieden sich die beiden für das aktuelle Pop-up-Restaurant.
Mit Improvisation haben seine Kreationen trotz der eher kleinen Küche, aus der sie derzeit kommen, auch jetzt wenig zu tun. Saibling mit Kren und Wacholder, Spargel mit Topinambur und schwarzem Knoblauch oder Lamm mit Edamame, Pfefferoni und Salzzitrone sind nur drei Positionen des aktuellen Menüs. Es trage zur Gelassenheit bei, schon einiges beim Kochen erlebt zu haben, gesteht Kapeller und lacht. Vor allem durch seine Erfahrungen als „Bestellkoch“, wie er es nennt. „Wir haben schon so viel gesehen, uns kann nichts mehr überraschen.“ In  seiner Liste „Best of schlimm“ zum Beispiel ziemlich weit vorne: Kochen im Freien ohne fließendes Wasser. Oder: Hundertzwanzig Hochzeitsgäste bekochen, das Menü musste in  einer „Puppenküche“ realisiert werden.

Genug von fremden Küchen hat er dennoch nicht, und beim neuen Steyrer Kulinarikfestival „Tavolata“ im Juni mit ungewöhnlichen Erlebnissen mitzumachen, sei daher eine schnelle Entscheidung gewesen. Noch dazu, wo er das sechsgängige Menü mit einem eingespielten Partner umsetzt. Mit Max Rahofer verbindet ihn seit seiner Lehrzeit im Steyrer Restaurant Rahofer eine Freundschaft: Man kennt einander, harmoniert und weiß, wie der andere tickt. Ein sechsgängiges Menü für fünfzig Gäste in einem Nicht-Restaurant auszurichten, sieht man da gelassen. Probekochen? „Brauchen wir nicht.“ Für die beiden Events im Schloss Lamberg haben sie sich „halt mal zusammengesetzt“, im Vorfeld „hat sich jeder was überlegt“ für  jeweils drei Gänge. „Wir haben geschaut, dass es zur Jahreszeit passt.“ Das heißt etwa fürs Dessert zum Beispiel Sauerklee, Maiwipferl und Erdbeeren. Und ein bisschen Improvisation gehört in fremden Küchen trotzdem immer dazu.

Probebacken brauchen wir nicht

Gebeizte Forelle

Probebacken brauchen wir nicht

Kohlrabi und Melone

Probebacken brauchen wir nicht

rote Rübe und Rhabarber

Lukas Kapeller, 32, ist nach Stationen in Österreich und Deutschland in seiner Heimatstadt sesshaft geworden. Sein neues Lokal eröffnet er 2023. Max Rahofer, auch 32, hat vor einigen Jahren das Restaurant seiner Eltern in Steyr übernommen und sich mit kreativer Küche einen Namen gemacht. Clemens Schraml, 31, erkochte in Zermatt einen Michelin-Stern und eröffnete 2020 in seiner Heimat Großraming sein Restaurant „Rau“.

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