Erdäpflkas: Geheimtipps für den Klassiker aus Oberösterreich
Es gibt Wichtigeres als Erdäpfelkas – sollte man meinen. Außer man ist Oberösterreicher. Wer mit Menschen aus dem Land ob der Enns zu tun hat, darf die Bedeutung des typischen Aufstrichs nicht bezweifeln, sonst könnten die Gemüter hochgehen.
Anders gesagt: Jede Region hat ihre Säulenheiligen. In Oberösterreich ist zweifellos der Erdäpfelkas einer davon. Er wird bei der Familienjause und beim Mostheurigen ebenso serviert wie als Gruß aus der Küche von den besten Köchen des Landes.
Die wichtigste Unwichtigkeit
Wir behandeln also ein Thema, das man als Nicht-Oberösterreicherin auch als die wichtigste Unwichtigkeit der Welt definieren könnte – das aber unter Oberösterreichern so etwas wie einen Kleinkrieg entfachen kann. Und dafür muss man nicht einmal in dieses Bundesland fahren! Würfeln Sie zum Beispiel einmal in Wien eine größere Runde aus Menschen aus mehreren Bundesländern, aber mit ein paar Oberösterreichern, in einer großen Wohnung zusammen. Sie werden sehen: Am Buffet gibt es mindestens zwei bis drei Schüsseln mitgebrachten Erdäpfelkas. Und irgendwann mit Verve geführte Diskussionen über das richtige Rezept. Die Frage „Wie machst’n DU eigentlich?“ wird sich immer durch diese Treffen ziehen.
Das richtige Rezept
Eines muss man sagen: Der Versuch, das richtige Erdäpfelkas-Rezept aufzutreiben, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Denn es ist so: Das beste Erdäpfelkas-Rezept nennt selbstverständlich jeder Oberösterreicher selbst sein Eigen, meist entstammt es aus langjähriger Familientradition. Und über die Zutaten lässt sich eben trefflich streiten: Was für den einen essenziell ist, lässt den nächsten schaudern. Mit anderen Worten: Nichts ist richtig. Im Umkehrschluss ist aber auch fast nichts falsch. Wir lassen vier Oberösterreicherinnen zu Wort kommen, wie der Erdäpfelkas für sie sein muss.
Vorbereitung: 30 min
Zubereitung: 10 min
Portionen: 4
Zutaten
- 500 g Erdäpfel mit Schale gekocht, dann geschält
- 250 g Sauerrahm
- 1 große Zwiebel fein gehackt
- Salz, Pfeffer
- etwas Schnittlauch fein gehackt
Zubereitung
- Erdäpfel noch heiß grob zerdrücken oder durch eine Erdäpfelpresse drücken
- Rahm und Zwiebel untermischen
- Abschmecken mit Salz und Pfeffer
- Etwa eine Stunde kühl stellen, zum Servieren Schnittlauch drüberstreuen
Variationen
Nach Geschmack ein bis zwei gehackte Knoblauchzehen, Senf und/oder Petersilie beziehungsweise Kräuter untermischen
Klein gehackte Essiggurkerl, hart gekochte und gehackte Eier oder Kapern untermischen
Erdäpfel: Mehlig oder speckig?
Konsistenz: Welche Erdäpfelsorte für den Erdäpfelkas verwendet wird, ist für manche ebenso eine Streitfrage wie die restlichen Zutaten. Denn klar ist: Jede Erdäpfelsorte hat ihre speziellen Geschmackseigenschaften. Darum schwören manche etwa auf Bio-Erdäpfel. Im Gasthof Rahofer in Kronstorf im Traunviertel werden solche aus eigenem Anbau verwendet. Auf jeden Fall sollte man aber zu mehligen Sorten greifen. Sie sind trockener und weicher als etwa festkochende. Die lockere Konsistenz der Mehligen ist auch in Pürees oder Knödelmassen gefragt.
Rahm, Schlagobers und/oder Butter?
Sauerrahm: Erdäpfel und (säuerliche) Milchprodukte passen perfekt zusammen. Der milchig-säuerliche Geschmack, der an Käse erinnert, dürfte dem käselosen Erdäpfelkas seinen Namen eingebracht haben. Die säuerliche Note des Rahms ist das Um und Auf des Geschmacks, sagt das Gros der Oberösterreicher. Auch die meisten Rezepte führen ihn an. Franziska Resinger ist in Linz aufgewachsen, bevorzugt Erdäpfelkas auch als Erwachsene klar mit Sauerrahm und würde ihn nie anders zubereiten. „Mir schmeckt er so einfach besser.“
Schlagobers: Bei manchen sorgt er für erstaunte Blicke. In der Familie der gebürtigen Innviertlerin Michaela Fuchs geht es nicht ohne: Zusätzlich zu Sauerrahm kommt ein ordentlicher Schuss flüssiges Schlagobers in die Masse. „Das macht ihn perfekt cremig.“
Butter: 1 Esslöffel kommt bei Michaela Fuchs dazu. Ist nicht notwendig, findet Martina Salomon, in Traun aufgewachsen. Die „Köchin ihres Vertrauens“, Frau Gertrud aus Schwödiau, meint aber, man könne durchaus ein wenig beifügen.
Zwiebel und Knoblauch?
Zwiebel: Seltene Einigkeit herrscht hier: Zwiebel muss sein! Aber damit hat es sich auch schon wieder, dann wird es wieder vielfältig. Michaela Fuchs bevorzugt sie klein gehackt und pur, im Gasthof Rahofer schwitzt man sie in Butter an. Und Martina Salomon schwört auf Frühlingszwiebel.
Knoblauch: Schon die Erwähnung des intensiven Geschmacksgebers im Zusammenhang mit Erdäpfelkas ist für manche Oberösterreicher ein Fauxpas. Aber Frau Gertrud, Martina Salomons Vertrauensköchin, sieht es locker: „Eventuell“ könne man etwas Knoblauch hinzufügen. Wie Sie wollen.
Grob zerdrückt oder püriert?
Grob: Die „stückige“ Konsistenz ist für Franziska Resinger perfekt. „Ich mag ihn nicht zu stark passiert. Er darf ruhig nicht ganz fein sein. Sind ein paar Stückerln drin, merkt man auch, dass er selbst gemacht ist.“ Martina Salomon zerdrückt die Erdäpfel am liebsten mit einer Gabel.
Fein: Wer seinen Erdäpfelkas ohne Stücke haben will, für den ist die Erdäpfelpresse wichtig. Michaela Fuchs etwa schwört darauf. „Stückchen würden für mich nicht gehen. Durchs Pressen – nicht stampfen! – werden die Erdäpfel ganz fein, fast cremig.“
Gewürze und Kräuter
Kümmel: Geschmäcker sind nicht nur sprichwörtlich verschieden: „Kümmel muss unbedingt sein“, sagt Franziska Resinger. „Kein Kümmel im Erdäpfelkas, obwohl ich an sich Kümmelfan bin“, betont hingegen Michaela Fuchs. Im Gasthof Rahofer gehört er ebenso dazu wie bei Martina Salomon.
Paprika: Man findet ihn tatsächlich in vielen Rezepten. Ob diese aber aus Oberösterreich kommen? Die Zugabe von Paprikapulver hat mitunter das Potenzial, Freundschaften zu zerstören: „Das ist ein absolutes No-go im Erdäpfelkas“, betont das Team im Gasthof Rahofer.
Muskatnuss: Der würzige, bitter-süße Geschmack passt hervorragend zu Erdäpfelgerichten – und auch zum Erdäpfelkas von Martina Salomon und jenem im Gasthof Rahofer. Michaela Fuchs mag es lieber puristisch: Sie schmeckt den Aufstrich „nur mit Salz und Pfeffer“ ab.
Schnittlauch: Dagegen hat kaum ein Oberösterreicher etwas. Allerdings lässt sich sagen: Weniger ist mehr – direkt in die Masse gemischt findet er wenig Anklang: „Etwas frischen Schnittlauch darüber streuen“, sagen alle vier Befragten. Ein Teil des Rahofer-Teams mag aber auch fein gehobelte Zwiebelringe als Topping.
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