Auf Erkundungstour im Entdeckerviertel
Gibt es tatsächlich Irrlichter im Moor? „Ja, natürlich“, erklärt Maria Wimmer. Unser Grüppchen ist vorübergehend vom Rad abgestiegen und wandert gemeinsam mit der Natur- und Landschaftsvermittlerin Maria durch das Naturjuwel Ibmer Moor im Grenzgebiet Salzburg/Oberösterreich. „Irrlichter entstehen, wenn kleine Moorblasen platzen. Eine weitere Besonderheit sind fleischfressende Pflanzen: Sonnentau und Wasserschlauch ernähren sich tatsächlich von kleinen Insekten.“
Auf schmalen Holzplanken balancieren wir durch den größten zusammenhängenden Moorkomplex Österreichs: zwischen dem braun-glänzenden Moor funkeln Sonnenreflexionen; seltene Pflanzen wie Sumpfcalla (Drachenwurz), Riedgräser, Fieberklee, Sumpfschwertlilie und Orchideen wiegen im Wind. Es ist eine eigene Welt hier – still und verlassen, typisch für das sogenannte Entdeckerviertel.
Die junge Tourismusregion umfasst Oberösterreich (mit sechzehn Gemeinden), Bayern (mit drei) und das Salzburger Land (mit einer); der größte Teil davon liegt im Innviertel. „Bis 1779 war drent und herent – wie wir für drüben und herüben sagen – eins. Bis heute verbindet uns die Geschichte, Kultur und Mentalität“, erklärt Georg Bachleitner vom Tourismusverband Entdeckerviertel. Tatsächlich lädt dieser kaum entdeckte Landstrich abseits der touristischen Autobahnen seine Gäste zu vielfältigen Eroberungen und Erlebnissen ein.
Eines der großen Themen ist das Genussradfahren, aktuell wurde das Radwegenetz evaluiert und zu Qualitätsrouten zusammengefasst (samt neuer, kostenloser Radkarte). Siebenhundert Kilometer führen entlang der Flüsse Inn, Salzach und Mattig sowie durch sanft hügeliges Terrain. Auch wir sind auf dem Drahtesel unterwegs, oder eigentlich mit wahren Büffel-E-Bikes der Firma KTM, die im Entdeckerviertel zu Hause ist. In zweieinhalb Tagen strampeln wir hundertsiebzig Radkilometer in allen drei beteiligten Bundesländern ab. Was hier alles am Weg liegt, ist in der Tat überraschend.
Perle an der Salzach
Im Nordwesten des Entdeckerviertels, direkt an der Salzach, haarscharf an der Grenze aber dennoch eindeutig in Bayern, liegt das Städtejuwel Burghausen. Die oberösterreichische Gemeinde Ach – vis-à-vis am anderen Flussufer gelegen – hingegen ist überzeugt, sie hätte noch Schöneres zu bieten: nämlich den Blick auf Burghausen.
Da ist schon etwas Wahres dran, die „Salzach Perle“ Burghausen präsentiert sich stolz und mächtig mit der weltlängsten Burg entlang eines erhabenen Felsrückens. Die gewaltige Wehranlage aus dem 11. Jahrhundert erstreckt sich über mehr als 1.100 Meter Länge. Ihr zu Füßen entzückt die Altstadt von Burghausen mit Giebelhäusern, Arkaden und hochgezogenen Blendfassaden im Inn-Salzach-Stil. Diese charakteristische Art von historischen Ortsbildern findet man auch in Tittmoning – ein weiterer bayerischer Kulturschatz mit mächtiger Burg und schmuckem Mittelalter-Stadtkern – und in Oberösterreich.
In Braunau am Inn ist das bildschöne gotische Stadtbild intakt erhalten. Den besten (Über-)Blick bietet der Braunauer Kirchturm: Mit sechsundachzig Metern ist er der sechsthöchste in Österreich. In Mattighofen radeln wir über den dreihundertzwanzig Meter langen historischen Stadtplatz mit hübschen Bürgerhäusern. Gleich anschließend kontrastiert das Metall-Rund der KTM-Motohall, deren spannende Motorrad-Erlebniswelt nicht nur Bike-Fans und Technik-Freaks gefällt.
Die gepflegten Radrouten führen auch zu verschiedensten Naturräumen. Wir rollen durch gesunde Futterwiesen, durch die Fluss- und Aulandschaften von Mattig, Salzach und Inn und passieren den Kobernaußer- und Hausruckwald, Teil des größten zusammenhängenden Waldgebietes in Mitteleuropa. In Pfaffstätten nahe Munderfing wartet ein Kuriosum: Hier teilt die „Zwergerlhelga“ mit insgesamt 5.010 Gartenzwergen Haus und (Vor-)Garten. Über neugierige Besucher freut sie sich immer.
Von Jeging westwärts wird die Landschaft hügeliger und wir erreichen am Gaisberg auf 590 Metern den höchsten Punkt des Entdeckerviertels. Bei klarem Wetter gibt’s Fernsicht auf die imposanten Alpengipfel Hoher Göll, Watzmann, Kaisergebirge und die Bayerischen Alpen.
Spezialitäten-Rucksack
Am Heratingersee (dem wärmsten der acht Badeseen) genießen wir ein Entdeckerviertel-Picknick auf dem Steg: Gegen Vorbestellung stellen zwölf Wirte regionstypische Spezialitäten im Rucksack zusammen. Sind wir beim Thema Genuss angelangt: Den gibt es im Entdeckerviertel allerorts, die kulinarischen Leistungen sind genauso köstlich wie preiswert.
Bierfreunde radeln überhaupt durch’s Paradies, insgesamt laden in der Region sechs Brauereien ein: Schnaitl in Gundertshausen; der Braugasthof Vitzthum in Uttendorf, die Manufaktur Burghausen, das Stiegl-Gut Wildshut in St. Pantaleon sowie die beiden Gasthausbrauereien Wirt z’Ernsting in Ostermiething und das Brauhaus Haselbach in Braunau. Hier kommt es auch im Glas zu manch’ ungeahnter Entdeckung.
Drei Einkehrtipps
Klimafreundliche Anreise
Mit der Bahn, ab Salzburg Mattigtalbahn oder Salzburger Lokalbahn bis Braunau bzw. Ostermiething; oder über Linz und Ried/Innkreis bis Braunau oder Simbach. oebb.at
Schlafen
– Gästehaus im Stiegl-Gut Wildshut, St. Pantaleon: Stilvolle Zimmer im historischen Gutshof, DZ inkl. Frühstück ab 144 € (2 P.); biergut.at/schlafen
– Hotel Weiß 4*, Munderfing: großzügige Design-Zimmer; Dachterrasse, Sauna, E-Auto- Ladestation. DZ inkl. Frühstück ab 158 € (2 P.); gasthof-weiss.at
– Hotel Gasthof Berger, Sankt Peter am Hart, DZ inkl. Frühstück ab 164 € (2 P); gasthof-berger.co.at
Essen
– Braugasthof Vitzthum der Innviertler Privatbrauerei Uttendorf: bodenständige kulinarische Spezialitäten; braugasthof-vitzthum.at
Auskünfte
entdeckerviertel.at, moor-ausflug.at
Kommentare