"WisR": Ein Start-up, das Generationen zusammenbringt

Respekt für "die Neue": Kai Wichmann schaut auf zu Susanne Nebowitzky.
Die Internet-Plattform "WisR" bringt innovative Unternehmen und Pensionisten zusammen. Die Arbeit-Geber profitieren vom Wissen der Älteren, die Arbeit-Nehmer halten sich dank ihrer Arbeit fit.
Von Uwe Mauch

Sie ist charmant, voller Energie und gleichzeitig wunderbar unaufgeregt“, schwärmt Kai Wichmann, der Geschäftsführer einer Agentur, die auf Marketing in den Sozialen Medien spezialisiert ist. Für seine Kunden will und muss der Werbeprofi Wichmann „Geschichten rund um deren Produkte erzählen“. Über seine neue Mitarbeiterin sagt er ohne Umwege: „Sie ist eine Bereicherung für uns.“

Sie. Sie heißt Susanne Nebowitzky und arbeitet seit Jänner acht Stunden pro Woche in Wichmanns Agentur „Better“. Mit ihrer Erfahrung soll sie die digitale Buchhaltung besser in den Griff bekommen. Und etwas Besseres hätte auch ihr nicht passieren können, erklärt die 65-jährige Bankangestellte im Ruhestand: „Ich fühle mich noch fit, ich wollte wieder unter Menschen sein, und all diese jungen Leute hier geben mir das Gefühl, dass ich auch noch etwas leisten kann.“

Die Vermittlerin

Dass die ältere Arbeitnehmerin und der jüngere Agenturchef zueinander gefunden haben, ist der Jungunternehmerin Klaudia Bachinger zu verdanken. Die 31-jährige Oberösterreicherin war Videoredakteurin und Cutterin, ehe sie ein privater Schicksalsschlag auf andere Gedanken brachte.

Bachinger erzählt offen vom Freitod ihrer Großmutter: „Sie war Bäuerin und wollte in der Pension noch etwas Sinnvolles machen, aber sie hat all die Jahre für sich nichts Passendes gefunden.“

Genau an dieser Stelle setzt das Angebot der von ihr gegründeten Internet-Plattform „ WisR“ an. Seit eineinhalb Jahren sucht Klaudia Bachinger nach Unternehmen, die das Know-how älterer Mitarbeiter benötigen, sowie nach Menschen mit Erfahrung und Tagesfreizeit. Passen sie zueinander wie hier in der „Better“-Agentur, können sie sich gegenseitig helfen.

„Selbstverständlich zahlen sie mir ein Honorar für meine Arbeit“, erzählt Frau Nebowitzky. Aber um Missverständnissen vorzubeugen, fügt sie schnell hinzu, dass das Geld nicht der Hauptgrund ist, warum sie zwei Mal pro Woche arbeiten geht. „WisR“ sei kein arbeitsmarktpolitisches Instrument des AMS. Die Frau eines noch berufstätigen Bankers erklärt das so: „Das Honorar ist eine Anerkennung für meine Mitarbeit – ebenso wichtig ist für mich die persönliche Wertschätzung und das Extra-Training für mein Gehirn.“ Zuvor wurde sie auch schon von den ÖBB um ihre Expertise gebeten – bezüglich neuer Angebote an die Generation der Silver Surfer.

"WisR": Ein Start-up, das Generationen zusammenbringt

Klaudia Bachinger, die Vermittlerin.

Das Geschäftsprinzip ist simpel: die Arbeit-Geber erhalten ausreichend Raum auf Bachingers Homepage, um ihre Job-Angebote zu lancieren, und werden sodann mit potenziellen neuen Mitarbeitern zusammengespannt. Dafür bezahlen sie eine Vermittlungsgebühr.

Inzwischen haben einige namhafte Unternehmen Interesse an einer Zusammenarbeit mit „WisR“ angemeldet. Für Susanne Nebowitzky durchaus auch zweischneidig: „Vor allem dann, wenn sie zuerst ihre älteren Mitarbeiter rauswerfen und dann sich das Wissen von uns Pensionisten sichern wollen.“

Doch das ist nicht die Intention ihrer Jobvermittlerin. Klaudia Bachinger, die selbst mit einem Start-up begonnen hat und dafür auch eine Förderung der Wirtschaftsagentur Wien erhalten hat, möchte in erster Linie die Jungen und die Alten an einen Tisch bringen. „Damit die Erfahrung nicht verloren geht.“ Sie hat viel zum Thema soziale Isolation im Alter gelesen und sagt daher: „Wenn du in der Pension plötzlich keine Arbeit mehr hast und dadurch einen wesentlichen Teil deiner Identität verlierst, kann sich das auf die Psyche und auch auf den Körper negativ auswirken.“

Was wollen Sie arbeiten?

Interessenten müssen bei „WisR“ kein professionelles Profil erstellen und keinen Lebenslauf abgeben. Wichtiger sind Antworten auf die Frage, was sie konkret können und was sie gerne arbeiten würden. Seit gut einem Monat ist die Homepage aktiv, bisher haben sich bereits 120 Menschen angemeldet. www.growwisr.com

Angebot für KURIER-Leser

Durchs Reden kommen die Leute zusammen. Das weiß auch Klaudia Bachinger. Die Gründerin von „WisR“ bietet interessierten KURIER-Lesern die Gelegenheit, mehr über das Angebot ihrer Plattform zu erfahren. Die zweistündige Info-Veranstaltung findet am Dienstag, 8. Mai, ab 16 Uhr statt. Wo? In den Räumlichkeiten des weXelerate, 1020 Wien, Praterstraße 1. Eine Anmeldung ist unbedingt erforderlich, und zwar per Mail unter: klaudia@growwisr.com (die ersten zwanzig Leser, die sich anmelden, sind fix dabei).

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