Spotify - Neuer Streaming-Dienst im Test

Spotify - Neuer Streaming-Dienst im Test
Schwedische Musik-Software überzeugt durch Angebot und Qualität. Empfehlungen sind großer Schwachpunkt.

Mit großer medialer Aufmerksamkeit ist am Dienstag das schwedisch-englische Musikstreamingportal Spotify auch in Österreich gestartet. Die Musikindustrie setzt große Hoffnungen in den Dienst, der 2008 in Schweden gegründet wurde und bereits über 10 Millionen Nutzer in 13 Staaten hat. Mit der Spotify-Software hat man Zugriff auf über 15 Millionen Songs, die kostenlos gestreamt und gegen Bezahlung auch auf Smartphone oder iPod heruntergeladen werden können. Doch wird Spotify wirklich sein ehrgeiziges Ziel erreichen, den Musikmarkt zu revolutionieren? Was kann die Software alles? KURIER.at hat Spotify getestet.

Die Anmeldung

Um den Dienst nutzen zu können, muss man sich zunächst auf der Spotify-Website (Link unten) registrieren. Dafür ist es zwingend notwendig, seinen Spotify-Account mit dem eigenen Facebook-Profil zu verknüpfen, was nicht nur bei Datenschützern für heftige Kritik sorgte. Nach der Registrierung kann man sich zwischen einer der drei Varianten - Free, Unlimited (4,90€) oder Premium (9,90€) - entscheiden. In den ersten sechs Monaten kann man bei allen drei unlimitiert Musik streamen. Nach dieser Probezeit gibt es aber ein Limit, das das Musikstreamen in der kostenlosen Variante auf 10 Stunden pro Monat beschränkt.

Will man unbegrenzt Musik hören, muss man auf eine der beiden Bezahl-Versionen umsteigen. Des weiteren sind die Unlimited- und Premiumversion werbefrei, wohingegen in der kostenlosen Version zwischen den Songs und auch auf der Benutzeroberfläche Werbung gespielt wird. Bestimmte Features wie das Musikhören auf Handys und bei getrennter Internetverbindung gibt es nur in der Premiumversion. Hat man sich für eine der Varianten entschieden und die Registrierung beendet, muss man sich die 6,7 Megabyte große Spotify-Software downloaden. Direkt im Browser kann man Spotify nicht verwenden.

Die Benutzeroberfläche

Spotify - Neuer Streaming-Dienst im Test

Auf den ersten Blick erinnert das Programm stark an iTunes: In der linken Spalte befinden sich die verschiedenen Funktionen und Musikordner, in der Mitte werden die Musiktitel angezeigt. Doch während bei iTunes die eigene Musik auf viele verschiedene Arten angezeigt und sortiert werden kann, wird bei Spotify die gesamte Musiksammlung alphabetisch geordnet angezeigt. Das Sortieren nach Genre oder der Häufigkeit der Titelaufrufe ist - anders als bei iTunes - nicht möglich.

In der rechten Spalte von Spotify sieht man, welche der eigenen Facebook-Freunde ebenfalls das Programm benutzen. Über diese Funktion kann man die von Freunden erstellten Playlists sehen und anhören. Eine Chatfunktion fehlt, aber dafür besteht die Möglichkeit, eigene Lieder mit anderen zu teilen. Außerdem kann man eine Funktion, bei der Spotify auf der eigenen Facebookseite postet, was man gerade hört, aktivieren. Auch kann man sein last.fm-Profil mit Spotify verknüpfen.

Nun aber zur Hauptfunktion von Spotify,dem Musik-Streamen. Dafür gibt es drei Möglichkeiten: Man kann per Suchfunktion gezielt nach Interpreten oder Titeln suchen, die Neuerscheinungen durchstöbern oder aber die Radiofunktion benutzen, bei der das Programm automatisch eine Songauswahl trifft, die von den eigenen musikalischen Vorlieben abhängig ist. Letztere ist das vermeintliche Glanzstück von Spotify.

Die Radiofunktion

Nachdem man aus 27 Musikrichtungen - von Pop über Klassik bis hin zu Trance und Black Metal - jene auswählt, an denen man interessiert ist, erstellt Spotify ein darauf zugeschnittenes Radioprogramm. Anders als bei echten Radiosendern kann man hier aber ein Stück, das nicht gefällt, per Mausklick sofort überspringen. Das ist leider auch oft notwendig, denn die Songauswahl lässt sehr zu wünschen übrig: Erstens, weil die angebotenen Musikrichtungen immer noch sehr allgemein sind (etwa "Pop" oder "Rock") und sich nicht weiter spezialisieren lassen. Zweitens, weil immer wieder dieselben Interpreten vorkommen, oft auch mehrmals hintereinander. Drittens, weil es sich dabei fast ausschließlich um dieselben populären Mainstream-Musiker handelt - es gibt wenig Abwechslung und die Chance, auf Musik, die man noch nicht kennt, zu stoßen, ist minimal. Wünschenswert wäre ein Mix aus Hits und weniger bekannten Songs.

Viertens, weil die Software anscheinend nicht lernfähig ist - wird eine Band mehrmals übersprungen, wird sie dennoch wieder und wieder vorgeschlagen, oft sogar dasselbe Lied nochmal. Das ist schade, denn eigentlich wüsste das Programm dank dem Zugriff auf die eigene mp3-Sammlung und der Verknüpfung mit dem eigenen last.fm-Profil sehr genau, welche Musik einem gefällt. Der Algorithmus von last.fm beispielsweise schlägt auf Basis der eigenen Musikvorlieben sehr viel präziser zugeschnittene und dadurch brauchbarere Empfehlungen vor. Die Songauswahl von Spotify ignoriert die eigenen Vorlieben und will stattdessen mit Mainstream-Hits auf Nummer sicher gehen. Dafür bräuchte man aber keinen (kostenpflichtigen) Musikstreamingdienst, sondern könnte genauso gut Ö3 aufdrehen.

Gute Ansätze, aber noch nicht ausgereift

Spotify - Neuer Streaming-Dienst im Test

Alle diese Probleme gelten auch bei der "Neuheiten"-Funktion. Hier kann man nicht einmal die Musik auf bestimmte Genres einschränken, sondern bekommt eine beliebige Auswahl an neuen Singles und Alben angeboten. Dabei wiederholen sich auch immer wieder dieselben Interpreten.

Hervorragend ist hingegen das Musikangebot insgesamt. Mit EMI, Universal, Warner und Sony sind alle vier Major-Labels bei Spotify vertreten. Laut Eigenangaben stehen bereits über 15 Millionen Songs zur Verfügung, und täglich kommen 20.000 dazu. Bis auf einige wenige Ausnahmen wie die Beatles, die wegen einem Exklusivvertrag mit iTunes verhindert sind, findet man fast alle bekannteren Musikgruppen. Nicht nur Mainstreamer, sondern auch Liebhaber von Jazz, Klassik und Metal werden fündig. Auch die Musikqualität ist ausreichend gut. In der kostenlosen Version werden die Titel mit zufriedenstellenden 160 kb/s gestreamt, in der teuersten Premium-Version mit 320 kb/s - das entspricht CD-Qualität.

Es ist auch möglich, einzelne Titel bzw. ganze Alben herunterzuladen, um darüber frei verfügen zu können, also diese etwa auf CD zu brennen. Die Preise dafür bewegen sich um 1 Euro pro Song. Einen ganzen Longplayer downzuloaden kommt also meist teurer, als eine CD im Geschäft zu kaufen. Für alle Premium-Nutzer besteht aber ohenhin wenig Grund, die Musik zu kaufen: Sie können schließlich unbegrenzt viel hören, daheim ebenso wie unterwegs auf Smartphone und Ipod.

Fazit

Revolutionär ist Spotify sicher nicht. Bahnbrechend innovative Funktionen fehlen. Durch die Facebook-Vernetzung und dem einfachen Austausch von eigenen Playlists mit Freunden ist es aber auf jeden Fall das sozialste aller Musik-Streamingportale. Außerdem ist es leicht zu bedienen und auch das Angebot an Musiktiteln überzeugt.

An den Funktionen im Detail, vor allem am Radio, muss aber noch gearbeitet werden. All jene, die Spotify daheim am Rechner benutzen wollen, sind derzeit mit der kostenlosen Version bestens versorgt. Für sie besteht momentan noch wenig Grund, auf eine der Bezahlversionen umzusteigen, denn die ersten sechs Monate kann man ohnehin unbegrenzt Musik hören. Ob es sich lohnt, danach auf Unlimited oder Premium umzusteigen, werden die zukünftigen Programm-Updates und das Angebot an Exklusiv-Inhalten für Zahlkunden zeigen.

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