Eine moosbewachsene Skulptur einer liegenden Frau in den Heligan Gardens.

Zu Besuch im "verlorenen Garten" in Cornwall

Die „Lost Gardens of Heligan“ in Cornwall bieten eine Zeitreise in die Vergangenheit mit gartenpädagogischer Ambition.

Von Ingrid Greisenegger

Ein besonderer Zauber der „Verlorenen Gärten von Heligan“ nahe dem malerischen Fischerdorf Mevagissey liegt in der Überraschung. Im Landschaftspark eingebettete Riesen-Skulpturen einer zeitgenössischen Künstlerin warten darauf, im Unterholz entdeckt zu werden. Sie scheinen aus dem Boden herauszuwachsen, wie ein Teil der Vegetation, so als wären sie immer schon da gewesen. 

Im Frühjahr beginnen ihre Haare frischgrün zu sprießen. Im Juli und August, zur Blütezeit der schönen Montbretien, wechselt manche Haarpracht ins Orangerote. Nicht weit davon führt der Weg in einen subtropischen Dschungel, der sich in einem 300 Meter langen wettergeschützten Tal erstreckt. Entstanden ist er in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als Pflanzensammler und Eroberer prestigeträchtige botanische Exoten aus den Kolonien ins Mutterland verfrachteten. 

Heute erlebt man eine üppige Landschaft mit ausgedehntem Bambusgelände, Bananenstauden und Baumfarnen. Im Sumpfgelände faszinieren großblättrige Gunnerastauden, die Riesenrhabarber.

Üppige Vegetation mit großen Blättern und Farnen an einem Teich.

Heligan ist ein 81 Hektar großes Landschaftsareal, wo Riesen unvermittelt aus dem Waldboden wachsen und eine subtropische Dschungellandschaft ein 300 m langes Tal ausfüllt. 
 

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Die Magie der Gärten geht auch von ihrer Rettungsaktion aus. Nach dem Ersten Weltkrieg waren sie in einem jahrzehntelangen Verfallsprozess zu einer von Brombeerbüschen überzogenen Wildnis verkommen. Erst Anfang der 90er-Jahre des vorigen Jahrhunderts gelang es Tim Smit, einem Quereinsteiger in die Gartenkultur und Public-Relations-Genie, mit einer Gruppe von Gartenbauspezialisten und der Hilfe unzähliger Freiwilliger die „verlorenen Gärten“ aus ihrem Dornröschenschlaf zu erwecken. Mit märchenhaftem Erfolg. Die mühsame Revitalisierung an Hand historischer Daten und Fundstücke bewegte die ganze Nation.

Ein Gewächshaus mit angehobenem Glasdach steht neben einem steinernen Gebäude.

Der viktorianische Küchengarten, hier sein Melonenhof, ist voll aktiv rund ums Jahr. 

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Heligan ist jetzt mit 300.000 Besucherinnen und Besuchern pro Jahr ein Hotspot des Gartentourismus und in einer strukturschwachen Region ein bedeutender Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor. Heute ist auch der einzigartige viktorianische Küchengarten wieder in vollem Betrieb. Über 300 Obst- und Gemüsesorten wachsen hier. Zu den Besonderheiten zählen die mit Pferdemist geheizten gemauerten Grabenanlagen für Ananaskulturen und auch die Glaskästen für Melonen. Produziert wird wie in viktorianischer Zeit. Nur dass die Giftspritzen jener Epoche jetzt nur mehr museale Bedeutung haben. Denn wo früher der Umgang mit extrem toxischen Substanzen (die Giftapparaturen wurden nicht zufällig „Witwenmacher“ genannt) das Leben der Gärtner verkürzte, wird heute auf ökologischen Landbau gesetzt. Und viele kommen hierher, um sich für den Eigenanbau zu Hause inspirieren zu lassen. 

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