Bridge to the island in Biarritz

Sommerfrische mit Stil: Wieso Biarritz die perfekte Wahl ist

Prunkvolle Belle-Époque-Villen und goldener Sandstrand, elegante Flaneure neben abenteuerlustigen Surfern. Bis 1854 ein verschlafenes Fischerdorf, wurde Biarritz durch Napoléon III. zum eleganten Sommerrefugium der feinen Gesellschaft – und ist es bis heute geblieben.

Wenn man die steinerne Brücke Rocher du Basta am alten Fischerhafen das erste Mal überquert, fühlt man sich hin- und hergerissen. Nicht nur buchstäblich, weil der wilde Atlantikwind an einem zieht und zerrt – sondern auch sprichwörtlich, weil man nicht weiß, wohin man zuerst schauen soll: Auf die wuchtigen Wellen, die in der Tiefe gegen die Klippen klatschen? Die eindrucksvolle Steinkonstruktion, die sich erhaben über das Meer hinwegsetzt? Oder doch auf die Prunkbauten am Strand: die opulenten Belle-Époque-Villen, die geradlinigen Art-déco-Bauten, die baskischen Fachwerkhäuser?

So dicht und vielzählig drängen sich die Villen und Stadtpalais an die Küste, dass man kaum glauben kann, dass dieser Badeort bis vor 170 Jahren ein verschlafenes Fischerdorf war. Zwar hatte bereits die französische Königin Hortense Anfang des 19. Jahrhunderts eine Vorliebe für den südwestlichen Zipfel des Landes. 

Doch es war Kaiserin Eugénie de Montijo, die sich an die idyllischen Sommer ihrer Kindheit hier erinnerte und ihren Ehemann, Napoleon III., dazu überredete, zwischen Pyrenäen und atlantischem Ozean eine Sommerresidenz zu errichten. Villa Eugénie hieß der Prunkbau mit den feinen Verschnörkelungen und den hohen Rundbogenfenstern, dessen Fassade in hellem Sandstein und pudrigem Rosa gehalten ist.

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Napoleon III ließ die Villa für Kaiserin Eugénie errichten. 

©mauritius images / Alamy Stock Photos / Javier LARREA/Alamy Stock Photos / Javier LARREA/mauritius images

Heute ist das Anwesen zwar als Hôtel du Palais bekannt, aber der Grundriss in Form eines „E“, eine weitere Hommage an Eugénie, wurde bis heute beibehalten.

Ein Sommer mit Sisi

Bald war es nicht nur der französische Hof, der auf der Suche nach einer kühlen Brise, die Sommer hier verbrachte: Königin Isabella reiste aus Spanien an, König Leopold aus Belgien, Königin Victoria aus England und Kaiserin Elisabeth aus Österreich. (Sisi brach dabei gerne vom Hôtel d'Angleterre aus zur Fuchsjagd auf.)

Spa Brindos Lac

Einst als Sommerresidenz des europäischen Adels etabliert, ist Biarritz noch heute für sein Luxus-Spaangebot bekannt; etwa im Relais&Chateaux Brindos Lac. 

©Gaelle Le Boulicaut - Photograph

Doch trotz wohlhabender Sommergäste ist das alte Erbe des Küstenorts zum Glück nicht ganz verschwunden. Folgt man dem Strandpfad nach Süden kommt man zur authentischsten Bucht der Stadt, dem alten Fischerhafen. Im Restaurant Chez Albert duftet es kurz vor Mittag nach angebratenem Knoblauch und Rosmarin. Dahinter ziehen die crampottes mit ihren bunten Fensterläden Blicke auf sich. Die alten Fischerhütten dürfen weiterhin nur an Einheimische mit Bootsausrüstung vermietet werden.

Willkommen im Baskenland

Noch mehr als mit Frankreich scheinen sich die Biarritzer übrigens mit der unmittelbareren Umgebung zu verbinden: dem Baskenland. Die Region, die sich über den Norden Spaniens und den Südwesten Frankreichs erstreckt, hat aber auch eine ungewöhnlich starke Identität: die älteste, noch gesprochene Sprache Europas, eigene Sportarten wie Pelota (ein Ballspiel, das an Squash erinnert, mit geflochtenem Korbschläger) oder auch einmalige Kenntnisse im Fischfang. Schon um 600 n. Chr. sollen die Basken den Walfang etabliert haben. Das Plateau de l'Atalaye oberhalb des alten Fischerhafens in Biarritz, von dem aus nach Walen Ausschau gehalten wurde, existiert noch heute.

Crampottes in Biarritz

Die Crampottes am alten Fischerhofen, die Hütten, die noch heute nur an Fischer und Angler aus der Region vermietet werden. 

©Bauer Anna-Maria

Die kleineren Fische und Meeresfrüchte, die heute noch hier gefangen werden – Sardinen und Makrelen, Krebse oder Hummer – kann man direkt im Stadtzentrum, am Markt Les Halles, ersteigern. Ein paar Stände neben den frischen Garnelen verkaufen Jean-Marc und Sylvie Salva herrlich würzigen baskischen Schafkäse und den äußerst feinen Rohschinken Jambon de Kintoa. Für den muss man allerdings tief in die Tasche greifen. Denn der Schinken kommt vom halbwild gehaltenen Porc Basque und kostet bis zu 105 Euro pro Kilo.

Meerschwimmen? Frauensache!

Der Golf von Biskaya, in dem sich Biarritz befindet, ist übrigens nicht nur ideal für den Fischfang: Mit seinen sechs Sandstränden bietet es sich auch für den Wassersport an. Einmal mehr trat Kaiserin Eugénie als Pionierin auf. In einer Zeit, in der sich Sonnenbaden für Damen nicht geziemte, zog sie vor dem Palais ihr Bahnen.

Biarritz beach during sunset France

Kraftvoller Antlantik treffen auf kaiserliche Prunkbauten.

©Getty Images/iStockphoto/pawel.gaul/iStockphoto

Das tat ihr ein paar Jahre später – als das Baden im Meer für Frauen immer noch nicht richtig etabliert war – eine Französin nach, die zwar nicht adeligen Ursprungs war, aber heute aus der High Society nicht mehr wegzudenken ist: Gabrielle Bonheur „Coco“ Chanel. In einer Stadtvilla zwischen dem Art-déco-Casino und der Galerie Lafayette eröffnete die Designerin dann auch einen Couture-Laden

Es war zwar bereits ihr drittes Geschäft – ihre erste Boutique befand sich in Paris, gefolgt von einem Shop in Deauville, Normandie – und doch fungierte die baskische Küstenstadt als wichtiges Sprungbrett für ihren internationalen Erfolg: Das wohlhabende Klientel in Biarritz war von ihren innovativen, stilvollen Modellen angetan und trug ihren Namen in die Welt. Zur Blütezeit beschäftigte Coco Chanel in Biarritz 300 Angestellte und entwarf hier ihre erste Haute-Couture-Kollektion.

Herrschaftlich entspannen

Auch wenn die Modemacherin selbst vielleicht nicht über diese Schwelle schritt, so wurden ihre Kleider gerne im feinsten Haus gleich hinter der Stadtgrenze ausgeführt: dem Hôtel Brindos Lac

Brindos Lac

In ruhiger Lage direkt an einem der größten Privatseen des Landes, lädt das herrschaftliches Anwesen Brindos Lac, Teil der Relais&Chateaux-Hotelvereinigung, zum Entspannen ein.

©Groupe Millésime

Das efeubewachsene Herrenhaus, das sich um den größten Privatsee Frankreichs schmiegt und und das Teil der Hotel- und Restaurantvereinigung Relais & Châteaux ist, wurde in den 1930er-Jahren vom exzentrischen Sir Reginald Wright renoviert – einem Lebemann, der später australischer Senator wurde. Wright verliebte sich in die Lebensart des Baskenlands und die Biarritzer High Society wiederum in seine legendären Feste.

Heute ist das Anwesen im spanisch-maurischen Stil eher ein Ort der stillen Genüsse: Durch die offene Terrassentür dringt Vogelgezwitscher ins Zimmer und im lichtdurchfluteten Spa mit den bodenlangen türkisfarbenen Vorhängen vergisst man schnell die Zeit. Beim Abendessen wird Forellen-Confit mit feinem Kräuterschaum serviert, das pyrenäische Lamm zerfällt auf der Zunge und das Soufflé trägt eine warme Note von Grand Marnier und dunkler Schokolade.

Brindos Lac

Ein Abendessen, das am besten nie aufhören soll, im lichtdurchfluteten Restaurant des Brindos Lac.

©Groupe Millesime

Letzteres spielt in der Region im Allgemeinen und in der Chocolaterie des Hotels im Speziellen eine besondere Rolle – kam sie doch 1615 über Spanien und das Baskenland erstmals nach Frankreich.

In die Wellen!

Tags darauf geht es zurück an den Strand.

Am Plage de la Côte des Basques wartet Philippe Beudin mit breitem Grinsen im Gesicht – und Surfbrett im Arm. Biarritz ist nämlich nicht nur für seine Weltelite berühmt, sondern auch für seine Wellen.

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Die Wellen an der Côte des Basques laden zum Surfen ein.

©mauritius images / Alamy Stock Photos / Stephen Hughes/Alamy Stock Photos / Stephen Hughes/mauritius images

Die Sonne strahlt von einem wolkenlosen Himmel und die Möwen lassen sich im Wind fallen, als Surfschullehrer Philippe die ersten Schritte zunächst im Trockenen theoretisch durchgeht. Ob das am Wasser gutgehen kann? Doch der Surfprofi lässt keine Zeit für Zweifel. Das Sicherheitsband wird um den Fuß gebunden und dann heißt es ins Wasser waten. „Okay, das ist deine Welle! Bist du bereit?“, ruft Philippe. Man nickt, konzentriert, aufgeregt. Und dann ist die Welle da. Ui, wie wackelig. Soll man doch lieber liegen bleiben? Doch dann kommt Philippes Stimme: „Eins“. Das ausgemachte Zeichen, sich in die Höhe zu stemmen. „Zwei.“ Nun kommt das Hinterteil in die Höhe, wie beim herabschauenden Hund im Yoga. „Drei und vier!“ Vorsichtig aufrichten. Aber das geht doch! Ha, Surfweltcup, wir komm...

Zu früh gefreut: Der Hochmut kommt – wie es das Sprichwort verlangt. Mit nassem Kopf, aber breitem Grinsen taucht man aus den Wellen auf. „Noch einmal!“

Anna-Maria Bauer

Über Anna-Maria Bauer

Schreibt seit 2021 als freie Autorin aus London für den KURIER über Politik, Royals und Lifestyle. Zuvor acht Jahre in der Wien-Chronik.

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