Ausflug nach Poysdorf: Auf der Spur von Saurüssel und Kellerkatze

Radyweg, Poysdorfs älteste Kellergasse: Über hundert Keller reihen sich hier aneinander.
Ein Schwein steht am Rand des Radywegs in Poysdorf und schaut vorbeischlendernden Besuchern und Radfahrern neugierig zu. Sie sind gekommen, um die in den Löss gegrabenen alten Weinkeller zu sehen. Rund hundert reihen sich in der 250 Jahre alten Kellergasse aneinander. Das macht sie zur ältesten der Stadt.
Einige Besucher folgen der gepflasterten Straße bis in die sehr weitläufigen Weinberge und zur Ried Hermannschachern, die erstmals im 14. Jahrhundert urkundlich erwähnt wurde.
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Warum die Kellertüren schief sind
Der Körper der Sau ist ein Weinfass, der Kopf aus Holz geschnitzt, geduldig steht sie vor einer der typisch grünen, schiefen Kellertüren. Schief deshalb, erklärt Fremdenführerin Martha Schreder bei einer Traktorrundfahrt (siehe Info unten), damit die Türen von allein zufallen. Weil Weinbauern bei der Arbeit oft beide Hände brauchen und auch, verrät sie mit einem Augenzwinkern, weil die Winzer, wenn sie dem eigenen Wein zusprachen, oft vergaßen, ihre Türen zuzumachen.

Saurüssel sieht man oft in Poysdorf: Hier bewacht die Sau die Tür eines alten Kellers.
Immer dem Rüssel nach
Dem Schwein, oder besser gesagt seinem Rüssel, begegnen Urlauber in Poysdorf immer wieder. Der Saurüssel, erklärt Kellergassenführer Robert Detz, war einer der ersten Markenweine Österreichs und weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt.
In den 1980-Jahren verschwand die Marke im Zuge des Glykolwein-Skandals, doch die Leute verlangten weiter nach dem Grünen Veltliner. 2010 taten sich deshalb fünfzehn ortsansässige Winzer zusammen, um den frisch-fruchtigen Wein in verbesserter Qualität wieder aufleben zu lassen.

Robert Detz in typischer Kellergassenführer-Montur vor der Barbarakapelle und dem alten Bürgerspital, in dem heute ein Museum untergebracht wird.
Kellerkatze warnte die Winzer
Hat man den richtigen Riecher für Wein, sollte man auch nach einem zweiten Tier die Augen offen halten. Die Kellerkatze, verrät Detz, ist eng mit der Weinherstellung verbunden. Die Tiere machten es sich auf den durch den gärenden Wein warmen Fässern gemütlich. Traute sich die Katze im Herbst nicht mehr in den Keller, waren die Winzer gewarnt, dass die Menge des Gärgases ein gefährliches Limit erreicht hatte.

Tastprobe: Die Kellerkatze fühlt sich tatsächlich streichelweich an.
Kellerkatze wird aber auch der Schimmel an den Wänden der alten Keller genannt. Schwarz und samtig wie das Fell eines echten Kätzchens, gedeiht er nur unter idealen Bedingungen für die Weinlagerung.
Der beste Wein im Keller
Die wichtigste Kellerkatze jedoch ist eine kleine Figur in Katzenform, die die Winzer auf das beste Weinfass in ihrem Keller setzten. Kam ein Käufer, der das wusste, soll es vorgekommen sein, dass die Katze zur Verkaufsförderung spontan den Platz wechselte.
- Anreise Mit der Bahn nach Mistelbach, dann mit der Buslinie 560 nach Poysdorf, oebb.at
- Kellergassenführung inklusive Weinprobe: jeden Di. und Sa. um 16 Uhr.
- Traktorführung jeden Sonntag und Feiertag um 16 Uhr, jeweils April bis Ende Oktober. Für Gruppen ab 6 Personen gibt es Wine & Crime-Touren.
- Weinkauf: Wein, Sekt, Traubensaft und mehr gibt es im Vino Versum, Brünner Straße 28. Öffnungszeiten: Mo. bis So., 9–18 Uhr, abends stehen Winzer im Shop Rede und Antwort.
- Veranstaltungstipp: Sturmfest und Winzerlauf am 11.10. ab 14 Uhr. vinoversum.at
Zwischenzeitlich fast verschwunden, lebt der Brauch nun wieder auf. Im Weingut Neustifter etwa sitzt sie stolz auf einem Fass Grünem Veltliner aus Stockkultur. 2007 hat die Familie in der traditionellen Anbauweise, in der der Wein nur zwanzig Zentimeter über dem Boden wächst, neu ausgepflanzt. Seither werden die 4.500 Weinstöcke bewirtschaftet – mit dem vierfachen Arbeitsaufwand in Handarbeit.
Wo der Wein "seine Ruh'" hat
Während andere Sorten auch im Weingut Neustifter in großen Edelstahltanks reifen, liegt der Veltliner aus Stockkultur noch in den traditionellen Kellern. „Dort hat er seine Ruh’“, zeigt Monika Neustifter stolz ihre Vorräte. Und wirklich, dort, auf einem der Holzfässer, sitzt die Kellerkatze, über und über mit dem gleichnamigen Schimmel überzogen. Beste Lagerbedingungen also.
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