Portugal, was geht? Warum man die Algarve zu Fuß entdecken sollte

Portugal, was geht? Warum man die Algarve zu Fuß entdecken sollte
Beim gemeinsamen Wandern an der Küste Portugals kommen viele verschiedene Leute zusammen. Und jeder bringt eine Geschichte mit auf den Weg.
  • Die Algarve ist ein beliebtes Ziel für Winterwanderungen mit milden Temperaturen abseits der Küste.
  • Das Wandern wird durch lokale Festivals und vielfältige Routen in der Serra de Monchique gefördert.
  • Wanderfestivals bieten Gemeinschaftserlebnisse und ermöglichen das Kennenlernen neuer Leute.

Algarve ist nicht gleich Algarve. Während die meisten Touristen zum Baden an die Küste Portugals kommen, entwickelt sich die Region zusätzlich zum beliebten Ziel für alle, die im Winter bei milden Temperaturen wandern oder spazieren möchten. Ein paar Kilometer landeinwärts präsentiert sich die Algarve von einer unerwarteten Seite: Abseits von mächtigen Kalksteinfelsen und tosendem Meer ist es hier – zwischen Korkeichenwäldern, Erdbeerbäumen und Pinien – ganz ruhig.

Zugegeben, das Wandern am Meer hat einen ganz besonderen Charme und darf deswegen auf einer Wanderreise an die Algarve auf keinen Fall fehlen. „Am besten baut man zusätzlich zum Hinterland eine Tour entlang der Küste ein“, empfiehlt Paulo Palhota. Den Percurso dos Sete Vales Suspensos („Weg der sieben hängenden Täler“) in Lagoa etwa – einen Spazierweg auf den rostroten Kalksteinfelsen hoch über dem Meer. Er ist nur sechs Kilometer lang, kostet so manchen aber viele Stunden – schließlich führt er an rund dreißig Buchten und Stränden vorbei, zu denen man hinabsteigen kann.

Hier startet der „PR3 MCQ – Trilho da Fóia“-Trail  als Teil des Monchique Walking Festivals

Hier startet der „PR3 MCQ – Trilho da Fóia“-Trail als Teil des Monchique Walking Festivals.

Paulo leitet eine Agentur, die Wandertouren anbietet. Der 40-jährige Portugiese hat lange in Innsbruck gelebt und spricht fast akzentfrei Deutsch. Wer bei ihm eine Tour bucht, bekommt auch viel Hintergrundwissen dazu. Dass, wer in Portugal ein kleines Bier will, ein Imperial bestellt etwa. Dass portugiesischer Hauswein immer gut ist. Dass Eukalyptus eine große Gefahr bei Waldbränden darstellt – weil seine ätherischen Öle ein Brandbeschleuniger sind. Oder dass der höchste Punkt der Algarve Fóia ist – mit 902 Metern. Von hier aus sieht man bei schönem Wetter die gesamte Küste und einen Teil des Alentejo. Ganz oben auf dem Berg startet ein Rundweg, der „PR3, Trilho da Fóia“.

Der 6,8 Kilometer lange Trail ist Teil des dreitägigen Monchique Walking Festivals, dem „Festival de Caminhadas“. Es findet jedes Jahr Ende November statt und ist eines von vier Wanderfestivals an der Algarve – und eines von sehr vielen in ganz Portugal.

Gehen als Volkssport

Denn das Gehen ist quasi zum Volkssport geworden. Auch für Teresa, die den PR3 beschreitet. Sie ist Lehrerin, das Wandern liebt sie als Ausgleich. Die Portugiesin reist seit vier Jahren zu Wanderfestivals im ganzen Land. Dieses Mal hat die Anreise von ihrer Heimatstadt Coimbra in die Berg-, oder besser gesagt Hügelwelt der Serra de Monchique rund vier Stunden gedauert. „Wenn ich in ein paar Jahren in Pension bin, dann will ich auch zu internationalen Wander-Events reisen“, erzählt Teresa. Sie mag das Gemeinsame, die Bewegung. „Und auch, dass man viele Geschenke bekommt“, sagt sie und lacht. Goodies gibt es auch diesmal beim Monchique Walking Festivals: ein gebrandetes T-Shirt, eine Windjacke, einen Rucksack und einen Regenponcho. Und das alles gratis.

Gratis ist auch das Thermalwasser, das man entlang des Wanderwegs trinken kann. Das „Água de Monchique“ hat einen pH-Wert von 9,5 und ist damit das basischste Wasser Portugals. Es ist reich an Bikarbonat, Natrium und Fluorid und soll Erleichterung bei Atemwegserkrankungen und Problemen mit dem Bewegungsapparat bringen. Wie praktisch, dass Monchique als einer der Stopps auf dem dreihundert Kilometer langen Weitwanderweg Via Algarviana liegt. Seit ein paar Jahren erfreuen sich Walking Festivals in Portugal immer größerer Beliebtheit. Man muss kein großer Sportler sein, um daran teilzunehmen. Das Ziel ist es, sich gemeinsam in der Natur zu bewegen – auch spazierend.

Dabei sein ist alles

Die Schwierigkeitsgrade sind im Programm angeführt, so werden die Teilnehmenden nicht erbarmungslos über Stock und Stein getrieben, sondern können sich jene Routen aussuchen, die ihrem Könnerlevel entsprechen. Auch Maria nimmt an einer der Gruppenwanderungen teil. Die Hotelmitarbeiterin kennt bereits alle Trails in der Region. Es werde aber nie langweilig, sagt sie, weil die Vegetation – je nach Wetter und Jahreszeit – immer unterschiedlich aussehe.

Der Grund für die große Pflanzenvielfalt: In der Serra de Monchique regnet es doppelt so oft wie im Rest der Algarve. Deshalb erspäht man auf der Winterwanderung Zwergginster, Berg-Sandkraut mit kleinen, weißen Blüten und Frühlings-Gämswurz, das wie gelbe Gänseblümchen aussieht. Im Frühling und Sommer sprießen Lavendel, Rhododendron, Heidekraut und Zistrose. Sogar Orchideen wachsen im Hinterland der Algarve.

Wanderer im Wald an der Algarve beim Walking Festival

Maria nimmt an so vielen Wanderfestival wie möglich um Monchique teil.

Mit einer reichhaltigen Flora beeindruckt auch der „PR6: Pecurso Pedestre de Marmelete“. Er ist einer von vielen Rundwanderwegen in der Region und startet mitten im Zentrum des kleines Orts Marmelete. Hier leben keine siebenhundert Einwohner, und dennoch gibt es ein progressives Hippie-Café („The Bank“) und ein winziges Museum (Casa do Medronho).

Dort erfahren Neugierige, wie der für die Region typische Schnaps aus den Früchten des Erdbeerbaums angefertigt wird. Aber zurück zum Wandern: Der Rundweg PR6 ist 8,4 Kilometer lang und führt durch unterschiedlichste Landschaften – erst durch sattgrüne Korkeichenwälder, wenig später sieht man sich nur noch von Eukalyptus umgeben. Der Höhepunkt der Wanderung: der 574 Meter hohe Picos-Viewpoint. Hat man es über die großen Steine hinaufgeschafft, wird man mit einem sensationellen Weitblick belohnt. Der beeindruckt auch Lee und Monika. Die beiden Engländer wollen in der Region ein Haus kaufen und verbringen vorerst drei Monate an der Algarve.

Anreise 
Flug nach Faro, meist über Lissabon. CO2-Kompensation 36 €

Reisezeit
An der Algarve gibt es (Weit-)Wanderwege für jeden Schwierigkeitsgrad. Will man die große Hitze meiden, ist die beste Reisezeit von September bis Mai

Essen
– Alecrim: Food- Truck auf dem Berg Fóia mit Blick über die gesamte Algarve 
– O Stop: Gegrilltes am Meer, Füße im Sand und Blick auf die Bucht Praia do Vale de Centeanes

Übernachten Zitur Vale Fuzeiros Nature Guest House: Ruhe, Vogelgezwitscher und Orangenbäume an der Via Algarviana, zitur.pt

Auskunft
viaalgarviana.org, visitalgarve.pt/de

Sie wünschen sich einen Zweitwohnsitz, an dem die Sonne scheint. Die Algarve erweist sich da als gute Wahl. Hier hat es selbst im tiefsten Winter untertags kaum weniger als fünfzehn Grad.

Neue Bekanntschaften

Warum sie am Walking Festival teilnehmen? Sport sei ein guter Ausgleich zu Lees Job in der Tech-Branche. „Das Walking Festival ist außerdem eine gute Möglichkeit, um in Portugal neue Leute kennenzulernen.“ Auch Filipe ist gern zu Fuß unterwegs. Er ist Inhaber einer Privattransfer-Agentur. Manchmal sitzt er selbst hinterm Steuer, bringt Wanderfans zum Startpunkt einer Wanderung und holt sie am Ende wieder ab. Oder er transportiert nur deren Gepäck – zur nächsten Unterkunft, damit die Wandernden die Strecken zu Fuß zurücklegen können. Das ist eine sehr bequeme Art des Weitwanderns. Wenn er nicht arbeitet, dann geht Filipe. Und zwar in Gesellschaft. Mal mit fünf anderen, mal mit sieben, mal mit zwanzig. Seine Nachbarschaft organisiert ihre Spazierrunden über eine eigene Facebook-Gruppe. Es gebe viele solcher Gruppen in den portugiesischen Dörfern, erzählt er.

Zwei Wanderer am Picos Point an der Algarve

Lee und Monica genießen den Ausblick vom 574 Meter hohen Picos Point 

Die haben sich während Covid zusammengefunden. Es war ein Weg, miteinander im Austausch zu bleiben, als nicht viel anderes möglich war. Das Leben verläuft schon lange wieder in geregelten Bahnen, aber die gemeinsamen Spaziergänge sind geblieben. „Es gibt einen 82-Jährigen in unserer Gruppe, der geht sieben Kilometer. Das möchte ich ihm in dreißig Jahren gleichtun“, sagt der gesellige Portugiese lachend und schreitet flotten Schrittes davon.

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