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Reise

Schweiz: Wo man der Hitze am besten entflieht

Im Schweizer Oberengadin beginnt die Sommersaison erst spät. Dafür ist es auf über 1.600 Metern Seehöhe im Sommer angenehm frisch.

Beim Gustieren der Speisekarte der Berghütte fällt die Wahl auf den Rhabarberkuchen. „Der ist fertig!“, erklärt der Kellner. Umso besser, folgert man. Doch dann: Nix wird serviert! Der Herr am Nachbartisch klärt auf: „Der Kuchen ist ‚fertig‘ bedeutet hier, dass der Kuchen ausgegangen ist!“ – Willkommen im schweizerischen Graubünden, genauer gesagt auf Muottas Muragl!

Der Berg mit dem fast unaussprechlichen Namen liegt zwischen Sankt Moritz und Pontresina und bietet einen grandiosen Ausblick auf das Oberengadin – jenes breite, grüne Hochtal, in dem sich mehrere Seen wie aufgefädelt aneinanderreihen. Verbunden ist die Seenplatte durch ein dünnes Flüsschen – den Inn, der hier entspringt und dem Engadin den Namen verliehen hat. Das Besondere dieses Tals: Es liegt auf über 1.600 Meter Seehöhe, und das ist in heißen Sommern ein Segen. Untertags steigen die Temperaturen auf bis zu 25 Grad, in den Nächten kühlt es kräftig ab. Die Szenerie ist einzigartig: Rundum schneebedeckte Dreitausender, viele von ihnen durch Bergbahnen gut erschlossen. Letztere sind, ebenso wie Bahn und Bus, gratis benützbar, sofern man mehr als eine Nacht in einem der Hotels der Region bucht.

Die Sommersaison beginnt hier erst in der zweiten Junihälfte. „Dann blühen die Wiesen, das lockt viele Naturliebhaber an“, erzählt der Chef des Hotels „Randolina“ im reizenden Örtchen Sils. „Viele ältere Menschen zieht es zu uns, weil sie hier im Flachen wandern und doch die imposanten Berge vor der Nase haben“, ergänzt er.

Senioren und Sportler

Neben Senioren trifft man hier auf viele Sportler, die dank der Höhenlage perfekte Trainingsbedingungen vorfinden. Speziell die Radler sind quasi omnipräsent – im Gegensatz zu Autokarawanen und Lkw-Kolonnen. Zu abgelegen ist das Engadin, das nur über steile Pässe (z. B. Maloja- und Berninapass) oder durch eine zweistündige Kurvenfahrt von Landeck aus erreichbar ist. Einen überraschenden Anblick bieten die Seen am Nachmittag: Dank des regelmäßig ab Mittag aufkommenden Südwinds werden der Silvaplana- und der Silsersee plötzlich zum Revier der Surfer und Kite-Surfer.

Von den Seen zurück zur Hütte: Schließlich wurde es statt des Rhabarber- ein köstlicher Maronikuchen. Der war zum Glück nicht „fertig“ – im Gegensatz zu seinen Konsumenten, die eine fünfstündige Wanderung hinter sich hatten.

Wolfram Kautzky

Über Wolfram Kautzky

Wolfram Kautzky ist regelmäßiger Gastkolumnist für den KURIER.

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