Mont-Saint-Michel in Frankreich: Wie man dort den Massen entkommt

Geführte Wattwanderung mit einer Gruppe über die Bucht zum Mont Saint Michel
Den Klosterberg Mont-Saint-Michel kann man beim Wattwandern auch barfuß erobern.

Zusammenfassung

  • Warum die Wattwanderung zum Mont-Saint-Michel eine gute Alternative abseits der Touristenmassen ist.
  • Die Region hat Europas stärkste Gezeiten. Die Tour ist ohne Guide gefährlich.
  • Nach der sieben Kilometer langen Wanderung kann man zu Fuß oder mit Shuttlebus zurück oder dort übernachten.

Mehr als drei Millionen Besucher stürmen alljährlich den berühmten Mont-Saint-Michel. Der großartige, magische Klosterberg im Grenzgebiet von Bretagne und Normandie ist nach Paris das meistbesuchte Reiseziel Frankreichs. Um sich den üblichen Touristenhorden, teuren Parkplätzen und vollgestopften Shuttlebussen zu entziehen, gibt es eine einzigartige, faszinierende, recht abenteuerliche Alternative: Die Annäherung zu Fuß quer über die Bucht – barfuß, über Sandbänke, durch Watt und Wasser. So, wie es auch die Pilger zum Heiligen Michael vor Hunderten von Jahren taten.

Mont-Saint-Michel in Frankreich: Wie man dort den Massen entkommt

Doch sie hatten keine andere Möglichkeit, die himmelstrebende Granitinsel samt krönender Abtei zu erreichen. Dazu sei gesagt: Erst seit 2015 und nach umfangreichen Renaturierungsmaßnahmen ist der heilige Berg wieder eine Insel (zumindest bei Flut), erreichbar über eine schicke, 760 Meter lange Stelzenbrücke des österreichischen Architekten Dietmar Feichtinger. Dazwischen machte ein massiver Straßendamm hundertfünfzig Jahre lang eine Halbinsel daraus – mit verheerender Versandung als Folge. Die Wattwanderung durch die Baie du Mont-Saint-Michel (Traversée) startet an deren Nordseite, meist in den Orten Bec d’Andaine (vom Plage de Genêts) oder St-Léonard.

Ein gewaltiger Tidenhub

Die Begleitung eines geprüften Wattwanderführers ist unerlässlich, denn die Gefahren in der Region mit den stärksten Gezeiten Europas (bis zu vierzehn Meter Tidenhub) dürfen nicht unterschätzt werden! Der Schriftsteller Victor Hugo verglich das Tempo der einlaufenden Wassermassen mit dem eines galoppierenden Pferdes – was nicht übertrieben erscheint. Beim jüngsten Flut-Rekord (2015) stieg das Wasser innerhalb von fünf Stunden um 14,5 Meter. Wer von solcher Naturgewalt überrascht wird, hat keine Chance.

Die sieben Kilometer lange Gatschtour ist ein unvergessliches Erlebnis – und bei warmem Wetter der reinste Genuss. An regnerisch-kalt-stürmischen Tagen hingegen eine Zitterpartie. Schritt für Schritt rückt der „Michlberg“, der von Beginn an am Horizont schwebt, näher.

Anreise
Per Nightjet nach Paris.  Von dort fährt zwei Mal täglich ein Zug nach Mont-St. Michel (3:44 Std.), sncf-connect.com

Wattwandern
Deutschsprachige Wattwanderungen bei Guide François Lamotte d’Argy; traversee-montsaintmichel.com/de

Restaurant
L’Hippocampe in der Hotelansiedlung: kein Touristen-Nepp! Ausgezeichnete Küche zum wohlfeilen Preis

Delikatesse
Das Fleisch der Pré-Salé-Lämmer, die im salzigen Küstengras der Baie du Mont-Saint-Michel weiden. Unbedingt probieren!

Auskunft
ot-montsaintmichel.com 

Schmatzender Schlick

Mal geht es durch weichen Sand, mal über härteren Grund mit eigentümlichen Wasserader-Mustern oder durch massiven, extrem rutschigen, schmatzenden Schlick (der denen, die nicht barfuß marschieren, die Badelatschen von den Füßen saugt). Spiegelnde Wasserflächen mit dem kopfstehenden Klosterberg darin lassen diesen wie von einer anderen Welt erscheinen. Mehrmals müssen Flüsse durchwatet werden: dann wird das Wasser deutlich kälter und immer tiefer (bis knapp unter die Badehose!) und die Strömung derart kräftig, dass speziell Fotografen ein Stoßgebet um die Gnade des Nicht-Fallens dem heiligen Michael zuraunen.

Anderenorts wird es unter den Füßen plötzlich weich und wabbelig wie Pudding – und schon verschwindet der Wattwanderer bis zu den Knien im Treibsand. Sofort hinknien, um die Fläche zu vergrößern – raten Guides sowie alle Heiligen.

Mann geht barfuß durch den Schlamm

Barfuß gehen ist die beste Lösung. Der Schlick saugt einem sonst die Badelatschen von den Füßen. 

Nach gut drei konditionsfordernden Stunden ist der weltberühmte Klosterberg (dessen Rückseite ganz anders aussieht) erreicht. Nun hat der Neo-Pilger drei Möglichkeiten: denselben Weg retour (wenn es die Ebbe noch zulässt), mit einem Shuttlebus zurückfahren oder in einem der nahen Hotelkästen Quartier beziehen.

Das Touristengeschiebe durch die engen Gassen hinauf zur romanisch-gotischen Abtei (einem wahren Wunderwerk mittelalterlicher Baukunst) sollte anderentags erfolgen, um die Eindrücke der Elemente im einsamen Watt noch länger nachwirken lassen zu können.

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