
Griechische Insel Karpathos: Das Paradies des Windes
Konstanter Wind, ein Dorf voller Frauen, idyllische Buchten und einsame Traumstrände: Karpathos ist nicht nur für Surfer.
Von der Luft ins Wasser ist es nicht weit auf Karpathos. Beides durchpflügt man mit rasantem Tempo. Erst mit dem Flugzeug, das einen auf diese griechische Insel in der südlichen Ägäis gebracht hat. Von Wien aus in kommoden zweieinhalb Stunden. Dann, wer dazu imstande ist, auf dem Board als Surfer: ab in die Wellen, auf dem Brett ausbalancieren, bis der Stand sicher ist, Hände an den Mast, das Segel leicht an den Körper ziehen – und schon erledigt der Wind den Rest. Er greift heftig in die Segel und trägt einen übers Meer.

Hang Loose: Karpathos ist ideal für Windsurfer. Der warme Wind Meltemi bläst konstant über die Insel, das gefällt Anfängern wie Profis
©mauritius images / imageBROKER / Constantinos Iliopoulos/imageBROKER / Constantinos Iliopoulos/mauritius imagesKarpathos, das ist für viele die Insel der Winde. Und wenn ein Eiland einen speziellen Namen für den Wind parat hält, der einem dort um die Nase weht, hat das schon einen besonderen Grund. Meltemi, so heißt das trockene Lüftchen, das über die ganze Insel fegt, schuld daran ist ein Hochdruckgebiet über dem Balkan und ein Tiefdruckgebiet über dem östlichen Mittelmeer. Karpathos ist eine Windschneise. Und das schätzen viele Surfer, für die das Eiland eine Traumdestination ist, weil der Wind konstant da ist.
Konstant? Nicht die vergangenen zwei Tage. „Die Windstille war schrecklich, wirklich schrecklich“, jammert Yiannis, einer von bloß 18 Taxlern auf der Insel. „Die Hitze ist dann nicht auszuhalten.“ 40 Grad Celsius, ohne dass ein Lüftchen weht, das muss nicht sein, auch nicht für an hohe Temperaturen gewohnte Griechen. Und im Taxi ohne Klimaanlage schon gar nicht.
Wenn Flaute herrscht, haben auch die Windsurfer Pause. Ausnahmsweise. Besonders interessant ist für diese ein Dreigestirn im Süden bei Kipi Afiartis, das für jedes Leistungslevel das Beste bietet. Bloß zwei Kilometer vom Flughafen entfernt, praktisch steigt man aus dem Flieger rauf aufs Board.
Bereits die Namen sprechen Bände. Da wäre einmal die Chicken Bay. Nicht wegen einer dort angesiedelten Hendlzucht trägt die Bucht ihren Namen, eher weil Anfänger in der Community wenig charmant als „Chicken“, also Feigling, deklariert werden. Das Wasser hier ist flach und der Wind mild. In der Gun Bay geht es da schon wilder zu. Starker Wind, taugliche Verhältnisse – Fortgeschrittene sind hier bestens aufgehoben. Teuflisch wird es dann in der Devil’s Bay. Die kommt wirklich nur für Profis in Frage, hier finden auch Wettbewerbe im Speed-Windsurfen statt. Es bläst Starkwind. Hang Loose!

Hauptstadt am Hafen: Pigadia, offiziell eigentlich: Karpathos Stadt, schmiegt sich rund um die schunkelnden Boote am Kai
©Getty Images/iStockphoto/Freeartist/iStockphotoWandern bei den Göttern
Karpathos liegt zwischen Kreta und Rhodos und ist die zweitgrößte Dodekanes-Insel, eine Inselgruppe, zu der auch Rhodos, Kos und Leros zählen; die türkische Küste ist nicht weit, nur 80 Kilometer entfernt. Italiener, Briten, Skandinavier kommen gerne zu Gast. Als Reiseziel ist sie vielleicht kein Geheimtipp mehr, überlaufen von Touristen ist das ursprüngliche Kleinod allerdings auch nicht. Die griechische Mythologie und ihre Ausläufer haben wie üblich schöne Geschichterln über sie parat, von Göttern, für die Karpathos heilig war; der Titan Iapetos wie auch sein Sohn Prometheus, der den Menschen das Feuer brachte, beide sollen an der Insel Gefallen gefunden haben, wenn sie nicht sogar ihre Heimat war.
Genauer Bescheid weiß man da schon über die reale Historie der Insel, wenngleich die kaum weniger kompliziert ist. Erst wurde sie von den Dorern besiedelt, später gehörte sie zum Römischen wie zum Byzantinischen Reich, die Osmanen beherrschten sie, die Italiener, und seit 1948 gehört sie letztendlich zu Griechenland. Eine Insel, geprägt von Felsklüften und Schluchten, aber auch blühender Flora, je nach Jahreszeit erfreuen Orchideen bis Narzissen, was Karpathos insgesamt beliebt macht bei allen, die gern die Wanderschuhe schnüren.

Mittelalterliches Bergdorf: Olymbos im Norden von Karpathos – ein idyllisches Plätzchen, die Zeit scheint wie stehen geblieben
©Getty Images/iStockphoto/mbbirdy/iStockphotoIdyllisches Olymbos
Seit 1892 ist Pigadia die Hauptstadt, die offiziell den Namen Karpathos-Stadt trägt. Ein malerisches Örtchen, das sich bergan an den Hafen schmiegt. Boote schunkeln hier abends im Laternenschein am Kai, der warme Meltemi kühlt die noch vom Tag erhitzten Körper und Köpfe. Die Restaurants servieren frischen Wolfsbarsch oder Goldbrasse und zaubern in der Küche selbstverständlich die traditionelle Spezialität der Insel auf den Tisch: Makarounes, das sind handgemachte Nudeln (ohne Ei) mit karamellisierten Zwiebeln und Ziegenkäse.

Makarounes gelten als Spezialität der Insel
©Getty Images/iStockphoto/cunfek/iStockphotoAuf keinen Fall aber darf man einen Ausflug nach Olymbos verpassen. Ungefähr 45 Minuten fährt man mit dem Auto von Pigadia aus in das Bergdorf im Norden. Serpentinen zeigen einem den Weg, am steilen Wegesrand meckern Ziegen zwischen Steinen und hinter Pinien hervor. Mit seinen weißen, hellblauen und zartrosa Schachtelhäuschen, die den Berg hinaufgebaut sind, wirkt Olymbos wie ein unentdeckt gebliebenes, aus der Zeit gefallenes Dorf. Eine Reise zurück in die Vergangenheit, ins alte Griechenland, man blickt hinab zum endlosen, blaugrünen Meer, und würde jeden Augenblick ein mythischer Titan den Wogen entsteigen – wen würde es verwundern?

Glockenturm im Bergdorf Olymbos
©mauritius images / Alamy Stock Photos / seewhatmitchsee/Alamy Stock Photos / seewhatmitchsee/mauritius imagesSchmale Gässchen schlängeln sich durch das mittelalterliche Dorf, das bloß 300 Einwohner zählt, über mitunter abenteuerlich gepflasterte Stufen und an auf sonnigen Terrassen dösenden Kätzchen vorbei stößt man auf tolle Ausblicke und versteckte Tavernen. Besonders traumhaft: die Taverna Milos, zu der ein breit geschwungener Weg hoch über der Küste führt. Hier liegt, im Schatten einer alten, weißen Windmühle, ein verstecktes Juwel. Eine Ruheoase, bei der man sich unter einer schattigen Markise mit handgemachten Dolmades (Weinblättern) und Tzatziki stärkt, mit im hauseigenen Ofen selbst gebackenem Brot und frischem Salat.
Olymbos gilt als „Dorf der Frauen“, die sich hier öfter in der traditionellen Tracht präsentieren, mit bestickten Kopftüchern, Blusen und langen Schürzen, wenn sie Kleidung, Schuhe oder Handwerk verkaufen. Seit Jahrhunderten halten sie den Ort am Laufen, ihren Besitz vererben sie stets an die älteste Tochter. Grund ist, dass die Männer in alten Zeiten alle Hände voll zu tun hatten, eroberungswütige Osmanen oder räuberische Piraten zu bekämpfen. Heute arbeiten die Männer meist im Ausland.
Der Traumstrand
Nach solchen schweißtreibenden Ausflügen, bei denen auch ein eisgekühlter Café Frappé nur bedingt für Linderung sorgt, hilft eigentlich nur eines – abtauchen, ins Meer! Welch ein Glück: Auf Karpathos wimmelt es nur so vor einsamen Stränden und wunderbaren Buchten.

Wunderschön: Apella Beach bereist man am schönsten per Schiff
©Getty Images/iStockphoto/ellobo1/iStockphotoUm sie zu erkunden mietet man am besten ein schickes Boot oder macht bei einer Schiffsreise mit. Nicht lange, und schon ist man am wahrscheinlich schönsten Strand von Karpathos: Apella heißt er, liegt an der Ostküste und hält, was einem versprochen wird. Schon die Anfahrt lässt einen träumen, wenn man gen Land schippert. Ein langer, so gut wie menschenleerer Strand aus Kies tut sich auf, dahinter saftig-grüne Pinienwälder, ein karibisch türkis glitzerndes Meer – fertig, mehr braucht es nicht fürs Paradies. Es ist das Postkartenmotiv, für das Karpathos bekannt ist – die am häufigsten fotografierte Stelle der Insel. Wer Hunger hat, grillt sich hier einen Fisch. Und sitzt dann im Schatten eines Felsens, mit den Füßen im weißen Kies, schmatzt genüsslich und lässt die Seele baumeln.

Ein Abenteuer lohnt sich
Auf der Fahrt zum nächsten Traumstrand lohnt es sich, vereinzelt eine Pause einzulegen. Versteckte Höhlen laden zu einem Schwimmausflug ein. Mehr Trubel herrscht hingegen am Strand von Lefkos, einem der beliebtesten der Insel, aber nicht weniger bezaubernd. An der Westküste teilt er sich in drei Buchten, den Gialoú-Strand, den Panagias Limani und den Fragolimnionas-Strand – kein Kies liegt hier, sondern weicher Sand. Besonders der erstgenannte Strand ist beliebt, viele schätzen die Infrastruktur mit Sonnenschirmen und Liegen, Tavernen und Duschen in Strandnähe.

Im Gegensatz dazu ist der Strand von Kato Lakkos perfekt für die Entdecker unter uns – ein Abenteuer, dessen Lohn man sich erst verdienen muss. Um diese wilde Bucht genießen zu können, benötigt man erst ein Auto, anschließend muss man den letzten Teil hinunter in etwa 30 Minuten zu Fuß bewältigen. Doch das raue Kiesjuwel ist die Mühe wert. Wie so vieles in Griechenland.
TIPPS
Kulinarik
ANTAMA Familienrestaurant in Pigadia, das köstlichen Fisch serviert, aber auch hausgemachte Tapas und vegetarische Gerichte anbietet.
Facebook: Antama Karpathos
OREA Direkt am Hafen der Hauptstadt gelegen, bietet das freundliche Restaurant traditionelle griechische Küche, etwa Makarounes.
instagram.com/oreakarpathos
ANOI Romantische Bar mit smoothen DJ-Beats, leicht bergan am Hafen. Tolle Aussicht, gute Cocktails, hier am besten auf den Stufen sitzen und den Sonnenuntergang genießen.
instagram.com/anoi_bar
Unterkünfte
KONSTANTINOS PALACE Fünfsternehotel direkt am Strand, mit drei Swimmingpools (einer davon am Dach), Zimmer mit Meer- oder Bergblick, Suiten auf zwei Ebenen mit Privatpool. Spa, Fitnesscenter, Rooftop-Bar. 1,2 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. konstantinospalace.gr
ALIMOUNDA MARE Neu erbautes Luxusresort eingebettet in eine ruhige Bucht, mit Privatstrand, Infinity-Pool mit Blick übers Meer, Tennisplatz, zwei Restaurants und Bars, Wellness-Center und Pokertischen. Zehn Minuten nach Pigadia. alimounda.gr
ALISACHNI VILLAS In Lefkos, nahe dem Gialou-Strand, jede Wohneinheit bietet eine eigene Terrasse mit Meerblick, Küche, Klimaanlage. Strand fünf Minuten entfernt.
booking.com
TWO GOATS VILLAS 2,1 km von Strand Kira Panagia und 6 km vom Apella-Strand entfernt, mit privatem Infinity-Pool, Meerblick und einer Veranda. booking.com
Aktivitäten
OLYMBOS Das Bergdorf im Norden ist sehenswert. Schmale Gässchen, authentische Kultur, Handwerkskunst. getyourguide.de
BOOT–TOUR „Sofia My Love“ bietet Ausflüge mit dem Schiff (inklusive Schwimmstopps) an, je nachdem kann man verschiedene Buchten und Strände bei einem Tagesausflug besuchen. Buchen direkt am Hafen in Pigadia.
WANDERN Wanderer lieben die Landschaft auf Karpathos. Spannend ist etwa die Tour Olymbos – Avlona – Vroukounta, eine antike Stadt (vier bis sechs Stunden) oder der Küstenrundweg Lefkos – Kato Lefkos – Potali (zwei bis drei Stunden). Lokale Anbieter bieten Touren mit Reiseführern an.
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