Auch wenn der im nordostdeutschen Greifswald geborene und vorrangig in Dresden tätige Künstler gar nicht so oft in Hamburg vorbeikam, spielte die Stadt doch eine zentrale Rolle für seine posthume Karriere: Der erste Direktor der Kunsthalle, Alfred Lichtwark, trug um 1900 eine der größten Sammlungen des damals weitgehend vergessenen Künstlers zusammen und verantwortete 1906 eine erste Friedrich-Mania.
Und es war der Gründungsdirektor des Wiener Museums des 20. Jahrhunderts (heute mumok), Werner Hofmann, der sich in seiner Funktion als Hamburger Kunsthallen-Direktor 1974 anschickte, den Künstler nach dessen Vereinnahmung durch die Nazis wieder neu zu erforschen und zu präsentieren – als einen Wegbereiter der Moderne. Heute ist Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ das absolute Aushängeschild, im Jubiläumsjahr wurde eine Variante nun an eine Hauswand in der Ditmar-Koel-Straße im „Portugiesenviertel“ gesprayt. Das Gemälde hatte die Kunsthalle übrigens erst 1970 erstanden – mit Hilfe von Gönnern.
Kultur und Kaufleute
Ja, die Mäzene: Ohne sie würde in der Handelsmetropole kulturell wohl kaum etwas laufen. Da die Aufmerksamkeit – und der Geldfluss – in den vergangenen Jahren stark auf die spektakuläre Elbphilharmonie fokussiert war, stand die bildende Kunst ein wenig im Schatten – zu Unrecht, wie sich zeigt. Da ist etwa das von der Stiftung des ZEIT-Verlegers Gerd Bucerius initiierte Kunstforum gleich hinter dem Rathaus: Hier widmet man sich wenig beschrittenen Pfaden der Kunstgeschichte und Klassikern der Moderne.
Die hervorragende Ausstellung „Geniale Frauen“, die historische Künstlerinnen und ihr Karriereumfeld vorstellt, läuft noch bis 28. 1. und reist nach Basel weiter (ab 2. 3. ), es folgt eine Schau des spanischen Malers Ignacio Zuloaga (ab 17. 2.) und des Foto-Meisters Henri Cartier-Bresson (ab 15. 6.)
Fotografie im Container
Fotokunst hatte in Hamburg schon lange ein Standbein, nicht zuletzt weil der Fotograf F. C. Gundlach – lange selbst für die in der Stadt produzierten Illustrierten „Stern“ und „Quick“ tätig – seine Sammlung als Dauerleihgabe an die städtischen Deichtorhallen andockte. In Sichtweite des „Spiegel“-Hauptquartiers gelegen, sind die einstigen Markthallen ein Fixpunkt jedes Hamburg-Besuchs, auch wenn die der Fotografie zugedachte Halle gerade renoviert wird und das Programm in einen Containerbau ausgelagert ist.
Schräge Sammlungen
Im Foyer der Haupthalle wird derzeit an den im Vorjahr verstorbenen Sammler Harald Falckenberg erinnert – noch ein Mäzen, der die Entwicklung der Kunststadt in jüngerer Zeit nachhaltig prägte. Falckenbergs Sammlung fokussierte oft auf das Schräge, Abseitige: In einem eigenen Gebäude, das im Vorort Harburg an Wochenenden bei freiem Eintritt zu besichtigen ist, sieht man das in Inszenierungen der Künstlerin Cindy Sherman (bis 2. 3.). Demnächst wird das u. a. durch den Biennale-Pavillon 2022 bekannte österreichische Duo Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl hier gastieren (ab 27. 4.). Die aktuelle Deichtorhallen-Schau „Dix und die Gegenwart“ (bis 1. 4. ) bringt ebenfalls Groteskes zum Vorschein.
Miniaturwelt und Museum
Dass der Unternehmergeist und der Wunsch nach Kultur in Hamburg nicht haltmacht, ist vor den Toren des Ausstellungshauses zu merken. Die historische Speicherstadt, aus Hochwasserschutzgründen nur eingeschränkt bewohnbar, dient etwa als Heimstatt für die „Miniaturwelt“ und das Maritime Museum – nicht nur bei Kindern angesagte Destinationen. Geht die Sammlung maritimer Schätze auf Peter Tamm, den langjährigen Vorstandsvorsitzenden des Axel Springer-Verlags, zurück, so will der Gründer der Social-Media-Plattform Xing, Lars Hinrichs, 2025 in der nahen „Hafencity“ ein Museum für Digitalkunst eröffnen. Nur die Wolken, die ziehen seit Caspar David Friedrichs Zeit unverändert über die Stadt.
Kommentare