Das lässt sich fünf Jahre später, natürlich mit hohen Absätzen, nicht bestätigen. In Zeiten von Corona kommt die Herausforderung von einer der zahlreichen Mitarbeiterinnen in rot-schwarzen Shirts: „Etwas schneller, bitte. Die Türen schließen gleich.“ Fast den Beginn des Jubiläum-Festkonzerts zu verpassen, ist weder High Heels noch zu spätem Ankommen geschuldet. Dafür den peniblen Eingangskontrollen.
Der an eine Arena erinnernde Konzertsaal gilt als das Herz der „Elphi“. Der erste Besuch hier bleibt aufregend. Halbstöcke und wieder Stufen überwinden, die richtige Etage samt zugehörigem Sektor finden. Von Sitzreihe fünfzehn aus lässt sich das Orchester da unten gut überblicken. Auch das Publikum gegenüber im Saal. „Weingarten-Prinzip“ nennt sich diese terrassenförmige Anordnung der Sitzreihen, hoch-gezogen rund um das in der Mitte des Saales platzierte Orchester. Helle Wände mit speziellen Lamellen und ein fünfzig Tonnen schwerer Sound-Reflektor, der wie ein verkehrter Pilz von der Decke hängt, verstärken das futuristische Raumschiff-Ambiente.
Und die hochgelobte, auch oft kritisierte Akustik? Der japanische Star-Akustiker Yasuhisa Toyota konstruierte dafür reliefartige Wandplatten, genannt die „weiße Haut“. Angeblich sollen ob ihrer Resonanzfähigkeit Benimmregeln ausgegeben werden. Jedes Räuspern, jedes Zuckerlpapier erzeuge unliebsame Geräusche. So ist’s dann doch nicht. Aber: Man solle Husten und Niesen vermeiden, wurde auf Nachfrage bei einer vorhergehenden Hausführung (Start im 13. Stock) erwähnt. Durchaus verständlich.
Das NDR Elbphilharmonie Orchester verdient die Bewegungslosigkeit des Publikums. Jeder Schlag aufs Xylofon, jedes Klappern von Kastagnetten ist glasklar und deutlich zu hören, da oben in Reihe fünfzehn. Übrigens auch jeder Fehler, heißt es. Eine Trompete hört sich an, als ob sie direkt von rechts käme. Kein Streich der Akustik. Ein Scheinwerfer rückt den Trompeter ins Licht, er steht wirklich irgendwo zwischen Reihe vierzehn und sechzehn.
Wenn später der Solo-Pianist das Stück fast lautlos ausklingen lässt, wirkt es nur wie ein zartes Hauchen. Und dieses stört nicht einmal Kleiderrascheln oder Schuheklappern. Geschweige denn ein Handy. Im Weingarten-Saal herrscht völlige Stille, zerrissen erst vom Applaus, der in dieser Akustik wie auf den Punkt geklatscht wirkt. Es stimmt, wenn manche sagen: Der Saal ist ein Instrument für sich.
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