Aman Kyoto, Japan: Nur wenige Kilometer von Kyotos Stadtzentrum entfernt befindet sich dieser geheime Wald mit Steinwegen, Quelle und Pavillon.

Eine Reise in den Zauberwald Kyotos

Entschleunigung lernen wir von den Japanern: In Kyoto wurde ein Areal zu einer Oase des Rückzugs gestaltet. Ursprünglich hätte ein Textilmuseum entstehen sollen, doch daraus wurde nichts. Nun wird dort das Sein in der Natur zelebriert – ein Reisetrend der Stunde.

Und plötzlich wird es ganz still. Nur die Blätter rascheln im sanften Wind, in einiger Entfernung plätschert Wasser in einem Bach, hie und da durchbricht ein Vogellaut die Ruhe. 

Hier oben, auf dem steingepflasterten Plateau, ist man umringt von hohen Bäumen und dichten Sträuchern, und man könnte glauben: Es ist das Ende der Welt. Einige Dutzend hohe Treppen führen dorthin, die Felsen dafür wurden aufeinander gestapelt und es mutet seltsam an, dass sie dennoch jeder Witterung zu trotzen scheinen: der Hitze im Sommer, dem Niederschlag in der Regenzeit, dem Schnee im Winter.

Doch wer Japan kennenlernt, erkennt schnell: Dem Zufall wird hier nichts überlassen, Perfektion ist oberstes Gebot. Wir sind im Norden von Kyoto, inmitten des 32 Hektar großen „secret garden“ – wie die Einheimischen ihn nennen – befindet sich das Luxusresort Aman

Dass es nur rund 25 Zimmer zählt, führt dazu, dass die Gäste sich in dem riesigen Areal oft gar nicht begegnen. Höchstens in einem der beiden Pavillons, im Onsen – der traditionellen Heißwasserquelle mit 42 Grad – oder künftig im Teehaus, das derzeit gebaut wird.

Es war der frühere Eigentümer, der den Grundstein für etwas legte, das heute von Ruhesuchenden als wahre Oase empfunden wird. Eigentlich hätte ein Textilmuseum in der Mitte der Anlage entstehen sollen. Denn im 16. und 17. Jahrhundert war diese Gegend bekannt für Handwerkskunst, speziell für Webkunst. Doch daraus wurde nichts, und so übernahm die Hotelgruppe das Areal im Jahr 2017 und gestaltete es mit dem Landschaftsarchitekten Professor Shimoda um. Er wollte die Menschen wieder mit der Natur verbinden, im selben Ausmaß, in dem japanische Gärten mit der spirituellen Welt verbunden seien.

Das Ergebnis: Ahorn-, Zedern- und Kampferbäume, wie auch japanische blaue Eichen, die allesamt auf moosbewachsenen Wiesen wurzeln. 15 Minuten zu Fuß geht’s in die eine Richtung, vorbei an einem kleinen Teich mit Fischen und Seerosen, rauf aufs Plateau. Etwas kürzer, dafür aber wegen hoher Stufen intensiver ist man in die andere Richtung unterwegs, wo am Ende auf einer Anhöhe ein angelegter Zen Garten wartet.

Köche bereiten Speisen an der Theke im Taka-an, Aman Kyoto, Japan, zu.

Im Restaurant Taka-An essen die Gäste an einer Theke und beobachten das Kochen

©Aman Kyoto

Wer Glück hat, entdeckt auf dem Weg dorthin eine der Schlangen, die sich in den Felsen verstecken. Sie gelten in Japan als Glücksboten, und obwohl es rund 40 verschiedene Arten gibt, sind sie selten zu sehen. Alles wirkt scheinbar willkürlich gewachsen, doch tatsächlich steckt dahinter eine durchdachte Kulisse mit zahlreichen Details.

So säumen die Wege an offenbar zufälligen Orten Sitzbänke, Felsvorsprünge oder Baumalleen, deren Zweck es wohl ist, den Schatten zu lenken. Das Perfekte im Unperfekten. Die Macht des scheinbar Einfachen. Das ist Japan in Reinkultur.

Eine Frau im Kimono bereitet Matcha-Tee im Aman Kyoto, Japan, zu.

Japan in Reinkultur: Achtsamkeit wird hier bei Teezeremonien zelebriert.

©Aman Kyoto

Achtsamkeit als Lifestyle-Trend

Auch an anderer Stelle zeigt sich diese bemerkenswerte Charakteristik: in der Kosmetik. Hochwertige Premiumlinien wie Sensai haben sich Japans Kultur zueigen gemacht. Nicht nur das Verwenden der berühmten Koishimaru-Seide, die traditionell nur der Kaiserfamilie vorbehalten war, in ihren Produkten zeugt davon – auch die Art der Pflegerituale. 

Die Philosophie leitet sich dabei von der japanischen Teezeremonie ab, bekannt als „Saho“. Dabei geht es, kurz gefasst, um Achtsamkeit.

Ein Mann geht einen moosbewachsenen Pfad entlang, gesäumt von Bäumen in Aman Kyoto, Japan.

Waldbaden soll Stress reduzieren, nachweislich den Blutdruck senken, das Immunsystem stärken und die Laune verbessern. 

©Aman Kyoto

Das ist es auch, was Japaner besonders ausmacht, neben ihrer unschlagbaren Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Waldbaden mit körperlichen Effekten. Das, was hier vorgezeigt wird, hat nachgewiesene Effekte auf Körper und Geist. So soll das Waldbaden nicht nur den Stress reduzieren, sondern auch nachweislich den Blutdruck senken, das Immunsystem stärken und die Laune verbessern.

Das Aman Spa in Kyoto, Japan, verfügt über ein Onsen im Freien.

Im Herzen des Amans befindet sich das Onsen mit hauseigenen heißen Quellen.

©Aman Kyoto

Der Begriff wurde in den 1980er-Jahren erfunden und hat sich in den folgenden Jahrzehnten zum internationalen Trend etabliert. Dass es sich dabei aber nicht um einen Lifestyle-Hype, sondern um tatsächlich messbare Erfolge handelt, bestätigen Experten weltweit. Und so wundert es nicht, dass weltweit derzeit an zahlreichen weiteren Resorts gebaut wird, die sich auf dieses Angebot verstehen. Ein Reise-Trend, der in unserer schnelllebigen Zeit wohl gekommen ist, um zu bleiben. 

Kommentare