Kampfszene beim Römerfest in Carnuntum

Carnuntum: Ausflug in die römische Antike

Lust auf eine Zeitreise? Dann ist Carnuntum genau die richtige Destination. Da haben noch bis 16. November die Römer Saison.

Die antike Zeitreise beginnt unmittelbar zu unseren Füßen. Margit Neubauer, Leiterin des Tourismusbüros Carnuntum-Marchfeld, macht uns bereits beim Aussteigen aus dem Bus darauf aufmerksam, „dass wir hier über einem römischen Gräberfeld stehen, das einst im Zuge der Neugestaltung des Parkplatzes zur Römerstadt Carnuntum entdeckt wurde. Archäologen haben menschliche Relikte und wertvolle Grabbeigaben geborgen. All das wurde dokumentiert und ausgegraben, bevor die Fläche wieder zugeschüttet wurde.“ Wir, das Grüppchen Journalisten, sind beeindruckt und senken ehrfürchtig den Blick. Die Haltung ist nicht untypisch für einen Rundgang in der Römerstadt. Später schlendern wir über originale Straßenquader durch Carnuntum – in eine weit zurückliegende Vergangenheit, die hier erfrischend lebendig wird.

Zu römischer Zeit pulsierte in Carnuntum, 40 Kilometer östlich von Wien, das Leben. Als Bastion am Donaulimes gegen das angrenzende Barbaricum und als Knotenpunkt an der Bernsteinstraße hatte es einst große strategische, politische, auch wirtschaftliche Bedeutung. So entwickelte sich Carnuntum zwischen dem ersten und vierten Jahrhundert n. Chr. zur bedeutenden Stadt am Rande des römischen Weltreiches. Durch die militärisch wichtige Lage zur Grenzsicherung und die Nähe zu großen Handelsrouten stieg Carnuntum zur Hauptstadt der Provinz Oberpannonien auf, um dann ab etwa dem 5. Jahrhundert n. Chr. für sehr lange Zeit in Vergessenheit zu geraten. Erst mit den Ausgrabungen ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die einst so bedeutende Metropole wach geküsst. „Heute ist Österreichs größte archäologische Landschaft weltweit einzigartig“, erzählt unser Führer, der – kein Witz – tatsächlich Flavius heißt. Als wäre er die Inkarnation eines römischen Geschichtenerzählers, reist er mit uns zurück in die Antike. In ein Gebiet, das das heutige Bad Deutsch-Altenburg und Petronell-Carnuntum umfasst und sich einst über zehn Quadratkilometer erstreckte.

Eo Tempore

In Carnuntum lebten gut 50.000 Menschen: Soldaten, Handwerker wie Schmiede oder Bäcker, Gastwirte, begüterte Händler und Politiker. Wie ihr Lebensumfeld ausgesehen und ihr Alltag war, wird im rekonstruierten Stadtviertel von Carnuntum lebendig. „Das ist ohne Übertreibung das Prunkstück der Römerstadt, darunter etliche Gebäude, die originalgetreu wiederhergestellt wurden. Etwa die voll funktionsfähige römische Therme, das herrschaftliche Stadtpalais Villa Urbana oder das noble Bürgerhaus des Lucius“, erzählt uns Flavius. „All diese und weitere Gebäude wurden exakt dort wieder errichtet, wo sie schon vor 1.700 Jahren standen. Im ,Haus des Lucius' ist der antike Lifestyle dank der prachtvollen Ausstattung mit aufwendig gestalteten Mosaikfußböden und zauberhaften Wandmalereien besonders gut nachvollziehbar. Solche Häuser waren das Heim wohlhabenderer Bürger und geben einen Eindruck vom Leben der römischen Oberschicht.“

Dieses Bild zeigt Carnuntum aus der Vogelperspektive

Carnuntum, Österreichs größte archäologische Landschaft, ist weltweit einzigartig.

©APA/HELMUT FOHRINGER

Wir schlendern im Stadtviertel weiter über Straßen und Plätze, die einst von Geschäften und Werkstätten gesäumt waren. Dort sind die unterschiedlichsten Handwerker und Händler ihren Geschäften nachgegangen. In der mit Originalsteinen rekonstruierten Fußgängerzone kann man sich gut vorstellen, wie lebendig das Leben hier gewesen sein muss. Flavius: „Es war ein multikultureller Handelsplatz, an dem damals Waren aus aller Welt feilgeboten wurden.“ Dazu passt auch die neueste Rekonstruktion in Carnuntum. Es ist ein Geschäftslokal für „Waren des gehobenen Bedarfs“, das vor dem Wohngebäude des Inhabers, samt Portikus, also eines überdachten Säulengangs im Eingangsbereich, wieder aufgebaut wurde.

In Carnuntum wurden Geschäfte originalgetreu nachgebaut.

Eine der jüngeren Rekonstruktionen ist das „Geschäft des Ölhändlers“ in der „Fußgängerzone“ von Carnuntum.

©RSC

Einkaufscenter

Der Laden besaß neben einer Theke für den Straßenverkauf auch einen Lager-, Ausstellungs- und Verkaufsraum für eine größere Anzahl von Kunden. „Dieses Geschäft eines römischen Ölhändlers war von großer Bedeutung. Denn dazumal war neben Wein vor allem Olivenöl das meistimportierte Fernhandelsprodukt. Es war nicht nur ein wichtiges Grundnahrungsmittel, es wurde auch gerne zur Körperpflege nach dem Baden in der Therme, als Grundlage für Salben, als Sonnen- und Kälteschutz sowie als Brennstoff für Öllampen, also für Beleuchtungsmittel verwendet.“ Im Geschäft des Ölhändlers wird das anhand typischer Gegenstände aus der Zeit sehr wirklichkeitsnah dargestellt. Man kann sich gut vorstellen, wie die feinen Damen der Gesellschaft ein Fläschchen Öl für ihre Schönheit erstanden oder Hausherren um gute Preise für ihre Lampen gefeilscht haben. Noch anschaulicher wird der römische Lifestyle bei den vielen authentischen Veranstaltungen, die in Carnuntum den ganzen Sommer über bis Mitte November stattfinden werden. Zuvor findet am 6. und 7. September das große Römerfest statt - ein Muss für alle Fans der antiken Großmacht.

In Carnuntum kann man römisches Leben hautnah miterleben.

In Carnuntum wird römisches Leben authentisch lebendig.

©Carnuntum/Atelier Olschinsky

Wer nach erlebnisreichen Stunden in Carnuntum immer noch nicht genug von Geschichte hat, kann im Museum Carnuntinum in Bad Deutsch-Altenburg noch tiefer in sie eintauchen. Im Stil einer römischen Landvilla errichtet, wurde das Museum 1904 von Kaiser Franz Josef höchstpersönlich eröffnet. Gezeigt werden Funde aus 2.000 Jahren Carnuntum. Aktuell ist die „Ausstellung Weltstadt am Donaulimes“ zu sehen. Sie spannt einen Bogen über die Historie Carnuntums, die Geschichten der Bewohner bis zur Widmung Carnuntums als UNESCO-Weltkulturerbe vor den Toren Wiens. In diesem Sinn: Bonum iter sit – Möge die Reise eine gute sein.

Cordula Puchwein

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