Bootwandern auf der Altmühl
Deutschland

Mit Kanu, Rad und zu Fuß am langsamsten Fluss Bayerns

In der Mitte des Freistaats fließt die Altmühl durch ein beschauliches Tal. Wer sich Zeit nimmt, kann bei einem sanften Natur-Triathlon ein weniger bekanntes Stück Bayern entdecken.

So macht das keinen Spaß. Das Wasser sollte doch unter dem Boot sein und nicht im Boot. Aber es schüttet. Kurz zuvor, bei der Einschulung in Pappenheim, hat es zu nieseln begonnen. Da hat der große, schlaksige Mathis, der als Bootsguide an der Altmühl arbeitet, die wichtigsten Regeln im Umgang mit einem Kanu erklärt.

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Erlebnispädagoge und Bootsguide Mathis erklärt den Streckenverlauf.

©Stefan Hofer

Er hat auf der Wiese Bogen- und Konterschlag vorgezeigt, damit man dann zu zweit im Kanu nicht im Kreis fährt. Nun sitzt man im Nass und ist selbst nass bis auf die Unterwäsche. Doch Mathis grinst den Regen einfach weg. Liegt’s daran, dass man automatisch entspannt wird, wenn man lange genug im schönen Altmühltal lebt?

Bayern also. Die einen Österreicher fahren gerne dorthin, weil es so ist wie bei uns. Die anderen meiden es genau deshalb. Lässt man die ausgelutschten Weißwurst-Klischees (von Oktoberfest bis Mia san Mia!) aber beiseite, findet man unter der touristischen Oberfläche Bayerns Rohdiamanten wie das Altmühltal.

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©Grafik

Nun muss man wissen: Das ist kein kleines Stück Land. Der Naturpark Altmühltal dehnt sich auf fast dreitausend Quadratkilometer aus, ist größer als das Bundesland Saarland. Übersetzt: deutlich größer als das Salzkammergut. Da kann man tagelang herumspazieren, oder radeln, oder paddeln. Am besten alles.

1. Mit dem Kanu von Pappenheim zur Hammermühle

Beginnen wir mit der schönsten Variante des Natur-Triathlons: auf dem Wasser. Das Herz des Naturparks – der zwischen Nürnberg und Ingolstadt liegt – ist die Altmühl, die von Nordwest nach Südost fließt. Mit bayerischer Gemütlichkeit: Sie ist der langsamste Fluss Deutschlands. Nach 230 Kilometern ist es der Altmühl zu langweilig, sie fließt unterhalb von Kelheim in die Donau.

Infos

Anreise Per Bahn nach Nürnberg, weiter mit Regionalzügen. oebb.at

Abenteuer Die „Aktiv Mühle“ in Solnhofen mit Campingplatz und Gasthof verleiht Kanus und bietet  geführte Touren an. aktivmuehle.de

Übernachten – Hotel „Das Altmühltal“ in Eichstätt, direkt am Fluss, dasaltmuehltal.de

Die 12 Apostel-Felsgruppe sieht man vom Fluss aus oder beim Wandern. Kanuvermieter sorgen für  An- und Abtransport der Boote. naturpark-altmuehltal.de

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Ein praktikabler Startort für das Bootswandern, wie man das Kanu fahren hier nennt, ist weiter flussaufwärts in besagtem Pappenheim. (Ja, die Stadt und ihre Bewohner gibt’s, die hat nicht erst Friedrich Schiller mit seinem „Wallenstein“ erfunden.) Zur Infrastruktur mit Campingplatz und Gastronomie gibt es in Pappenheim auch eine von mehreren offiziellen Einstiegsstellen. Das ist wichtig, weil man Abstand zu den naturbelassenen Schilf- und Uferzonen und Kiesbänken halten sollte, wie Ann-Katrin Stockinger erklärt.

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Ann-Katrin Stockinger ist Naturpark-Rangerin im Altmühltal: „Besucher sensibilisieren".

©Jenny Theobald Photography

Sie ist Naturpark-Rangerin und sitzt an diesem Tag mit im Boot. „Wir Ranger sind ein recht bunter Haufen von Biologen, Leuten aus dem Forst oder der Bildungsarbeit.“ Ann-Katrin sieht sich als Vermittlerin zwischen Mensch und Natur, „wir wollen Besucher sensibilisieren“.

Die kleine Gruppe mit den zwei Experten ist in Zweier-Teams unterwegs, wer (mehr) Erfahrung hat, sitzt hinten, gibt die Richtung vor.

Dass gepaddelt werden kann, verdanken wir dem Regen, erklärt Mathis. 78 Zentimeter Pegelstand ist erforderlich. Führt der Fluss zu wenig Wasser, darf er nicht mit Booten befahren werden, bis Mitte Juni sind Laich und Jungtiere besonders gefährdet. Unterwegs serviert Mathis weitere Regeln: „Flussarme und Altwasser nicht befahren. Nicht mit dem Paddel in Uferbereiche stoßen, dort laichen Fische.“

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Die Altmühl ist der langsamste Fluss Deutschlands. Hier geht es an den "12 Aposteln" vorbei.

©Stefan Hofer

Zu Mittag hört der Regen auf, die Gruppe wärmt sich bei der Aktivmühle in Solnhofen die kalten Füße bei offenem Kaminfeuer an, die nassen Socken trocknen vorm zweiten Teil der Tagesetappe. Und plötzlich nimmt man das Flussabenteuer als solches an, der Spaß fährt mit. Im Wasser, am Ufer und in der Luft zeigen sich viele Tiere, und Rangerin Ann-Katrin weiß, wie sie heißen: Bachstelzen, Bisamratten, Eichelhäher, Graureiher. Nur Biber bleiben aus, „das liegt an der Tageszeit“.

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Ein Highlight sind die Bootsrutschen, hier bei der Naturwehr auf Höhe der Hammermühle.

©Stefan Hofer

Von halb- bis mehrtägigen Touren sei alles möglich, so Mathis. Auf diesem Flussabschnitt sorgen einige Wehren für Abwechslung, es heißt anpacken, das Kanu rausheben und wieder ins Wasser lassen. Das Highlight der Tagesfahrt folgt aber am Ende auf Höhe der Hammermühle, bei Flusskilometer 108: Bei einer Natursteinwehr geht es über eine „Bootsrutsche“ (siehe Bild o.) hinunter. Jetzt ist man wieder klatschnass – und genau deshalb glücklich.

Bilder: 4 Einkehrtipps im Altmühltal

2. Zu Fuß von Eichstätt nach Kipfenberg

Trockenen Fußes geht’s am zweiten Tag von Eichstätt nach Kipfenberg. Eichstätt bezeichnet sich selbst als katholischste Stadt der Welt, und Kipfenberg ist der geografische Mittelpunkt des Freistaats. Mehr Bayern geht nicht. Der Weg ist Teil des zweihundert Kilometer langen Altmühltag-Panoramawegs.

Tal- und Höhenpassagen wechseln sich ab, aber alles gemächlich, man möchte unterwegs stehen bleiben und den grünen Wacholderbeeren zuschauen, wie sie sich blau verfärben. Das Altmühltal braucht keinen Firlefanz, um den Wanderer zu entschleunigen.

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Der „Tatzlwurm“ war bei der Fertigstellung die längste Holzbrücke Europas

©Stefan Hofer

3. Mit dem E-Bike von Beilngries nach Kelheim

Der dritte Akt, das Radfahren von Beilngries bis Kelheim, wo die Altmühl in die Donau mündet, ist das Salz auf der bayerischen Brezen. Dass ausgerechnet in Kelheim die älteste Weißbierbrauerei Bayerns steht, ist eine schöne Draufgabe am Schluss.

Stefan Hofer

Über Stefan Hofer

Stefan Hofer ist seit 2009 beim KURIER. Schreibt für das Ressort Reise.

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