Moskau, London, Peking: Diese Frau organisiert Wiener Bälle in aller Welt
Die Karriere von Elisabeth Smagin als internationale Ballmutter begann mit einem Missverständnis. „Beim Empfang der österreichischen Botschaft in Moskau fragte der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel in die Runde, wann denn der Wiener Ball in Moskau sei. Da haben alle betreten geschaut und gesagt, es gibt gar keinen. So haben wir uns entschlossen, einen zu organisieren“, erzählt die studierte Sprachwissenschafterin.
Kurz davor hatte ihre kleine Linzer Agentur für Messe-Veranstaltung eine Filiale in Moskau eröffnet. Die quirlige Wienerin hatte als Dolmetscherin für Italienisch-Deutsch und lang im Familienunternehmen gearbeitet, bevor sie mit 39 Jahren in ihrem neuen Berufsfeld durchgestartet ist. Mit Bällen hatte sie bis dahin keine Erfahrung: „Dieser erste Ball war enorm aufwendig zu organisieren – und ein Verlust.“
Rund 50 Wiener Bälle gibt es auf der ganzen Welt, einen großen in New York, erzählt sie, einige werden von Auslandsösterreichern organisiert. Ihr Ball in Moskau sei der größte – 2000 Besucher schwelgen seit 2003 jährlich im Walzertraum. Anders als in Wien üblich, gibt es in Moskau ein Gala-Dinner. „In Moskau würde niemand vorher im großen Ballkleid ins Restaurant gehen“, lacht sie. Eine Konzert-Einlage setzte sie auf das Programm, „weil wir nicht wussten, ob die Moskowiter tanzen werden.“
Auch andere Überraschungen zeigten den Unterschied zu Wien, erzählt sie: „Zwei Tage vor einem Ball erklärte mir eine Debütantin, dass sie in einem gelben Kleid eröffnen will, weil ihre Stylistin meint, dass weiß sie blass aussehen lässt. Ich habe gesagt, dass sie nicht als Einzige in Gelb aufmarschieren kann. Ihre Antwort: ’Kein Problem, mein Vater lässt auch für die anderen hundert Mädchen gelbe Kleider nähen.’“ Sie hat dann in weiß getanzt.
Von Moskau in die Welt
Nach fünf Jahren gaben der Moskauer Bürgermeister Jurij Luschkow und der Wiener Bürgermeister Michael Häupl ihr den Auftrag, als Gegenstück einen „Russischen Ball in Wien“ zu organisieren. Inzwischen hatte sie in Moskau ihren Mann kennengelernt. Der Universitätsprofessor begleitete sie als Dolmetscher. Inzwischen spricht sie selbst russisch und pendelt mit ihm zwischen Wien und Moskau. Das Paar begann, Bälle nach Wiener Vorbild auch anderswo zu organisieren: Montreux, Biarritz, Baden-Baden, Palma de Mallorca, Rom, Kiev, Almaty – ganz in der Tradition der österreichischen Kaiser oder der russischen Zaren.
Wo war ihr schönster Ball? „Die Royal Albert Hall in London war toll, aber Moskau ist noch beeindruckender. Dort ist unsere Tanzfläche so groß wie der Festsaal in der Hofburg. Aber hier spürt man die lange Tradition.“
Was in Wien selbstverständlich ist, sorgt anderswo für Entrüstung, etwa, dass Ballbesucher so etwas Banales wie Würstel bekommen. „Wir machen auf unseren Wiener Bällen ein Kaffeehaus mit Klassikern wie Krautfleckerln und Erdäpfelgulasch – das ist jetzt eine Sensation.“
Woher bekommt man in Moskau echte österreichische Küche? „Anfangs haben wir mit der Tourismusfachschule Modul zusammengearbeitet und Köche und Kellner aus Österreich mitgebracht. Inzwischen macht man in Moskau bessere Schnitzel als hier. Und einen österreichischen Hotelmanager, der helfen kann, gibt es in jeder Stadt.“
Nur den Tanzlehrer André Chitu bringt sie immer aus Wien mit, im Oktober sogar zum ersten Ball nach Peking. Mit den dortigen Debütanten wird er nicht nur die Choreografie einüben. Er muss ihnen erst Walzertanzen beibringen.
Kommentare