Arzt zu Botox-Wahn: "Junge Menschen haben den Verstand verloren"

Ein britischer Arzt schlägt im Gespräch mit dem Guardian Alarm: Immer mehr unter 30-Jährige seien laut Michael Prager so darauf erpicht, der gefilterten Ästhetik in den sozialen Medien zu entsprechen, dass sie es mit Botox und Fillern maßlos übertreiben.
Die Einstellung gegenüber derartigen Behandlungen habe sich grundlegend verändert. Galt ein möglichst dezentes Ergebnis einst als Nonplusultra, sei ein „sichtbar verschönertes“ Aussehen mittlerweile ein expliziter Wunsch in seiner Ordination. Das eigene Äußere drastisch zu ändern, werde längst nicht mehr stigmatisiert. Körperliche Veränderungen werden laut dem Londoner Arzt „wie ein Statussymbol“ zur Schau gestellt – ähnlich dem Tragen eines Designerlabels.
Auch in Österreich sind jene, die mit Botox und Fillern im Gesicht nachhelfen lassen wollen, immer jünger. „Ich habe im Laufe der vergangenen zwei bis drei Jahre einen deutlichen Zulauf an sehr jungen Patientinnen und Patienten bemerkt“, sagt die Wiener Dermatologin Barbara Franz. „Teilweise sitzen schon 16-Jährige vor mir und erklären, dass sie ihre Wangenknochen als zu flach empfinden.“
Ebenso wie Prager empfindet Franz diese Entwicklung als sehr gefährlichen Trend, der vor allem auf die sozialen Medien zurückzuführen ist.
(K)eine Altersfrage
Extreme Typveränderungen wie mit Hyaluronsäure geformte XL-Lippen oder Katzenaugen, die dank der richtigen Positionierung von Botox gelingen, seien ein typischer Wunsch von unter 35-Jährigen. „Sie empfinden das, was sie auf Instagram an Kylie Jenner oder Bella Hadid sehen als normal.“ Jene über 40 Jahre legen hingegen immer noch Wert auf ein möglichst dezentes Ergebnis.
Davon, minimalinvasive Behandlungen wie Botox und Filler vor dem Erreichen des 30. Lebensjahres zu verteufeln, hält Franz dennoch nichts. „Es gibt 30-Jährige, die noch keine einzige Falte haben und 24-Jährige, bei denen sich bereits feine Linien zeigen. Das hängt sehr stark vom Hauttyp und der Mimik ab.“ Ab wann die erste Botoxbehandlung medizinisch vertretbar sei, sei deshalb nicht am Alter festzumachen.
Oberstes Credo müsse sein: „Niemals zu viel machen. Der Grat ist schmaler, als viele denken. Und Patientinnen und Patienten auch andere Behandlungsalternativen aufzeigen, die z. B. die Hautstruktur langfristig verbessern – und somit auch frühzeitiger Faltenbildung und Hauterschlaffung vorbeugen.
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