Klima verändert sich rasanter als je zuvor

Bedrohte Art: In Wien diskutieren derzeit Polarforscher die Probleme der Arktis
Eine neue NHM-Schau und die 1. Polarkonferenz beschäftigen sich mit klimatischen Veränderungen

Das Ziel der bevorstehenden UN-Klimakonferenz in Paris, die am 30. November startet, ist bekannt: Die Weltgemeinschaft will die globale Erderwärmung auf maximal zwei Grad begrenzen. Das Problem: Wir halten bereits jetzt bei 1,5 Grad. Diese Entwicklung wurde auch bei der Eröffnung der neuen Sonderschau "Planet 3.0 – Klima. Leben. Zukunft" im Naturhistorischen Museum thematisiert. Thorolf Müller, Projektleiter der Senckenberg Gesellschaft und Kurator, ist überzeugt, dass die aktuellen Werte weder vulkanische noch andere Ursachen haben: "Das sind wir Menschen, wir verbrennen fossile Rohstoffe." Zum Beispiel jene aus Kohlenstoff-Verbindungen, die vor über 300 Mio. Jahren entstanden sind. Davon haben wir in den vergangenen 150 Jahren fast 70 Prozent verbraucht, erklärt Müller. Solche und andere Fakten zeigt die Ausstellung, die sich mit der Klimageschichte der Erde befasst. Diese war von klimatischen Veränderungen geprägt, die zu insgesamt fünf Massensterben geführt hatten. Derzeit befinden wir uns im sechsten Massensterben, sagt NHM-Direktor Christian Köberl: "Jede Stunde sterben drei Tier- und Pflanzenarten aus und verschwinden." Der Blick zurück zeigt, "dass die momentan stattfindende Änderung auf völlig anderen Zeitskalen passiert als in der Vergangenheit", nämlich in wenigen Jahrzehnten statt in Jahrtausenden und -millionen. Den Klimagipfel sieht Köberl als letzte Möglichkeit, die Erderwärmung halbwegs zu stabilisieren. "Vor allem die industrialisierten Länder müssen ihre nicht sehr durchdachten Methoden zur Energiegewinnung überdenken."

Polar-Konferenz

Während die Ausstellung eröffnet, diskutieren in Wien zeitgleich internationale Polarforscher bei der 1. Zentraleuropäischen Polar-Konferenz die aktuellen Probleme in der Arktis – in Erinnerung an den österreichischen Arktisforscher Julius Payer. Laut Günter Köck, Polarforscher von der Akademie der Wissenschaften und Mitorganisator der Konferenz ist der Klimawandel in der Arktis längst eine Klimaerwärmung. "Es gibt weniger Schnee, viel mehr Regen, Erosion, Wasserflächen und Feuchtgebiete rund um die Seen und einen steigenden Meeresspiegel." Köck berichtet von Dörfern, wo die Häuser ins Landesinnere versetzt werden mussten und von Friedhöfen, die ausgespült werden.

Der Zoologe forscht seit fast 20 Jahren in der kanadischen Arktis. Im Lake Hazen, in 24-Stunden-Helligkeit, bei 25 Grad Minus, entnimmt er Sediment-Bohrkerne. Sie geben Aufschluss darüber, wie sich das Klima verändert und welche Rolle der Mensch dabei spielt. Fische untersucht er auf Quecksilber-Belastung. Die Daten liefern Informationen zum Schadstoffgehalt der Luft. Für ihn ist klar: Es ist erheblich wärmer geworden. Die Seesaiblinge, die er seit 20 Jahren zur selben Jahreszeit im selben See fängt, sind größer geworden. „Sie wachsen offensichtlich auch schneller. Das Ökosystem ändert sich also. Die Seen bleiben länger eisfrei und werden wärmer. Da ändert sich das ganze Nahrungsspektrum.“
Sein primäres Forschungsprojekt dreht sich um die Schadstoffbelastung in den Fischen. Den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Blei-Belastung in Fischen haben die Forscher schon vor Jahren im Hochgebirge festgestellt. „Das Wasser wird wärmer, das führt zu beschleunigtem Stoffwechsel, mehr Wasser wird durch die Kiemen gepumpt. Mehr Wasser bedeutet mehr Schadstoffe.“ Jetzt ist es Köck gelungen nachzuweisen, dass die Schwermetallbelastung in den Seesaiblingen der kanadischen Arktis mit den Wetterindizes korreliert – z.B. mit El Nino.

Info: Die neue Sonderschau wird vom 11. Novemeber bis 3. April 2016 im Naturhistorischen Museum in Wien gezeigt. Die 1. Zentraleuropäische Polar-Konferenz der ÖAW läuft noch bis 13. Novemeber 2015.

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