Kinder wollen wählen dürfen

Ein neunjähriger Junge namens Louis möchte wählen, um mitzubestimmen, was in der Welt passiert, und verhandelt mit dem Gemeinderat von Pfaffenhofen, wie die Stadt die Klimakrise bekämpfen kann.
Deutsche Kinder und Jugendliche klagen beim Verfassungsgericht gegen Wahl-Alter-Grenze; Jüngere, die wählen wollen, sollen dies auch dürfen!

Während das deutsche Fußball-Nationalteam weltmeisterlich auf der Fan-Meile in Berlin gefeiert wurde, fand zeitgleich eine auch historische Pressekonferenz statt. Im Namen von 14 weiteren Kindern und Jugendlichen kündigte der mittlerweile 16-jährige Felix Finkbeiner eine Klage vor dem deutschen Bundesverfassungsgericht an. Ziel: Abschaffung des Mindestalters um wählen zu dürfen.

Er selbst hatte vor bereits sieben Jahren die Initiative „Plant fort he Planet“ federführend gegründet – Bäume zu pflanzen gegen den Klimawandel. Die Initiative war aber von Anfang an mehr: Klimagerechtigkeit eines seiner immer wieder verwendeten Schlagworte. Nun haben er – und noch jüngere – es ergänzt um „Generationen-Gerechtigkeit“.

Wieso Konsequenzen tragen müssen ohne mitbestimmen zu dürfen?

Zwei Jungen tragen einen jungen Baum zum Pflanzen.
„Ich will wählen, weil die Entscheidungen, die Politiker treffen, mein Leben genauso beeinflussen, wie das von einem 35-jährigen oder einer 82-jährigen“, meint Sarah (14). „Und wenn ich jetzt nicht mitbestimmen darf, wieso soll ich dann später die Konsequenzen des Handelns einer anderen Generation tragen?", fragt sie. Seit sie 11 Jahre alt ist, ist sie bei Plant-for-the-Planet aktiv, unter anderem hat sie eigene Baum-Pflanzaktionen geplant, Vorträge gehalten, Infostände betreut usw.

Keine Altersdiskiminierung!

Namens der „Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen“ argumentiert Wolfgang Gründinger vor allem die rechtliche Seite der Klage dagegen, dass in Deutschland damit immerhin rund 16 Millionen Menschen vom Wahlrecht ausgeschlossen sind – und das nur aufgrund ihres Alters. Mehr als vier von zehn erwachsenen Wahlberechtigten können weder Bedeutung der Erst-, noch jene der Zweitstimmen einschätzen heißt es u.a. in der Klage, die auch mit dem Verbot der Altersdiskriminierung argumentiert und sich nicht zuletzt auf die Kinderrechtskonvention beruft, die in ihrem Artikel 12 festlegt: „Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen...“

www.wir-wollen-waehlen.de

187.000 beteiligten sich

Jule, eine 15-jährige Botschafterin für Klimagerechtigkeit, trägt ein „Plant for the Planet“-T-Shirt.
Formal sollte das mit dem Wahlrecht so ablaufen: Einerseits Senkung des allgemeinen Wahlrechts – wie in Österreich – auf 16 Jahre. Darüber hinaus sollten jene Kinder und Jugendlichen, die das möchten, sich mit einer einfachen „Willenserklärung“ im Wählerregister ihrer Gemeinde eintragen lassen können. Wenn vielleicht manche meinen, Kinder und Jugendliche würde das ohnehin kaum interessieren: Kurz vor den beiden vergangenen deutschen Bundestagswahlen (2009 und 2013) organisierte die U18-Initiative (getragen von Deutschen Kinderhilfswerk und Bundesjugendring sowie weiteren NGO) Wahlen für Kinder und Jugendliche. Beim ersten Mal beteiligten sich 127.208, im Vorjahr rund 187.000 Kids, darunter sogar mehr als 5.000, die höchstens neun Jahre jung waren.

www.u18.org/das-projekt-u18/

Österreich?

In Österreich ist die (weitere) Senkung des Wahlalters (derzeit) praktisch kein Thema. Die Bundesjugendvertretung (Dachorganisation aller Kinder- und Jugendvereine) weiß auf KURIER-Anfage „keine unserer Migliedsorganisationen, die das derzeit fordern“. Immerhin geht aber die Senkung auf 16 Jahre genau auf solche Forderungen von Kindern und Jugendlichen und vielen ihrer Organisationen Anfang bis Mitte der 90er Jahre auch bei diversen Kindergipfeln zurück.

Hier kannst du die "Streitschrift für ein Kinderwahlrecht kostenlos runterladen!

Ein Jugendlicher mit Brille trägt ein T-Shirt von „Plant for the Planet“.
Felix Finkbeiner, heute 16, säte mit 9 (!) Jahren den Samen für "Palnt for the Planet"!
„Trotz großer Konkurrenz durch die Weltmeister hatten wir sehr viele interessierte Journalistinnen und Journalisten bei unserer Pressekonferenz“, freut sich Finkbeiner im Telefonat mit dem Kinder-KURIER. Die Forderung nach dem Wahlrecht für Kinder und Jugendliche bittet er „nicht misszuverstehen, wie es manche Medien schon gemacht haben - wir wollen nicht, dass Kindergartenkinde zur Wahlurne krabbeln, sondern lediglich, dass jene Kinder einfach wählen dürfen, sobald sie das selber wollen.“

Unsere Persepktive

Als „Plant fort he Planet“ waren Klimaschutz und Gerechtigkeit immer die zentralen Forderungen und immer wieder wurde thematisiert, dass „jene, die wichtige Entscheidungentreffen viel zu wenig darauf achten, wie sich diese für künftige Generationen auswirken, also für uns und die noch Jüngeren. Unsere Perspektive, unsere Prioritäten werden viel zu wenig bis gar nicht berücksichtigt. Wir glauben, wenn Kinder und Jugendliche wählen dürften, dann könnte sich das verändern.“ Neben Klima und Gerechtigkeit gelte das vor allem auch für zwei weitere Bereiche, meinte Finkbeiner, „für Bildung und Schulden“, deren Krise die heute noch nicht Wahlberechtigten sicher treffen werde, jene die entscheiden vielleicht nicht mehr.

www.plant-for-the-planet.org

Eine Zeitungsseite der Kinderzeitung KiKu aus dem Jahr 1995 mit Artikeln über Kinderrechte und Umwelt.
.... verlangten Hunderte Kids bei einem der Kindergipfel: Alle müssen wählen dürfen! Der - damals noch als gedruckte Beilage - erschienene Kinder-KURIER berichtete - siehe Bild der Ausgabe vom 5. Oktober 1995!

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