Glööckler zur Kirche: "So mittelalterlich, dass es einem die Sprache verschlägt"

Glööckler zur Kirche: "So mittelalterlich, dass es einem die Sprache verschlägt"
In einem neuen Buch übt Mode-Exzentriker Harald Glööckler Kirchenkritik und erzählt von seinen Begegnungen mit Gott.

Für eine Überraschung, Beobachter des Society-Parketts wissen es, ist Harald Glööckler immer gut. Dass Deutschlands schrillster Modedesigner nun ein Buch über die Kirche schrieb, kam jedoch selbst für Kenner unerwartet. Das Thema, so Glööckler zum KURIER, brannte ihm schon länger unter den (extralangen) Nägeln – als der christliche Verlag Adeo an ihn herantrat, habe er nicht lange gezögert. In „Kirche, öffne dich!“ (208 Seiten, 22,70 Euro) plädiert der 53-Jährige in gewohnt überladener Sprache angesichts dramatischer Austrittszahlen für eine Entstaubung der Institution. Wie genau diese aussehen soll, geht in der Aneinanderreihung schön klingender Plattitüden zwar etwas unter – Glööcklers Liebe zu Gott und der Kern seiner Botschaft klingen dafür aber sehr glaubwürdig.

Keine Hilfe in Krisen

Um die Beweggründe des Neo-Autors zu verstehen, lohnt ein Blick in seine Kindheit: Glöckler, so sein bürgerlicher Name, besuchte häufig die Bibelstunde, jedoch „war die Kirche damals schon kein Halt für mich“. Beim Anblick des blutenden Jesu am Kreuz habe er sich „schlecht und schuldig“ gefühlt. „Man sagte mir, er sei für meine Sünden gestorben. Aber was für Sünden soll ein Kind haben?“

Auch im Priester fand klein Harald keine Vertrauensperson – dabei hätte er diese angesichts seiner schweren Kindheit dringend benötigt. Mit fünf wurde er von einem Stammgast im Gasthaus seiner Eltern auf einem Waldgrundstück sexuell missbraucht, zehn Jahre später musste er mitansehen, wie der Vater die Mutter schlug, diese die Treppe hinunterstürzte und starb. „Die Kirche hat es nicht geschafft, mir so viel Vertrauen und Nähe zu vermitteln, dass ich mich in ihr geborgen gefühlt hätte.“

Spätestens als er seine Zuneigung zu Männern spürte, sehnte er sich nach einem verständnisvollen Seelsorger, schreibt Glööckler, seit 2015 mit dem Unternehmer Dieter Schroth verpartnert. Die Kritik an der restriktiven Haltung des Vatikan gegenüber Homosexualität ist ein Kernstück seines Buches: „Das ist so mittelalterlich, dass es einem die Sprache verschlägt“, sagt er zum KURIER. „Die Kirche hat durch ihre Einstellung viel Leid über Homosexuelle und deren Familien gebracht. Wenn eine mächtige Institution signalisiert, dass eine Lebensart nicht akzeptabel oder sogar krankhaft ist, schürt sie Verurteilungen.“

Gott ist überall

Wenn Glööckler, nach eigenen Angaben sehr gläubig, über Gott sinniert, klingt er selbst wie ein Priester: „Ich sehe Gott in jedem Schmetterling, jedem Vogel. Jeder Mensch, jeder Baum hat etwas Göttliches und kann dir etwas über uns erzählen, wenn du bereit bist, zuzuhören.“ Überhaupt ist man beim Lesen des Buches bei vielen Passagen geneigt, laut „Amen!“ rufen.

Die Zukunft der Kirche liege ihm auf dem Herzen, weil sie „die beste Botschaft der Welt“ habe und die Macht, viele Menschen zu erreichen. „Gerade in Krisen brauchen wir die Kirche“, ist er überzeugt. „Wir brauchen jemanden, der uns stützt, wenn wir straucheln. Die Kirche kann uns das geben, wenn sie ihrer seelsorgerischen Pflicht nachkommt und ihre Botschaft praktiziert.“ Dann, aber nur dann, könne sich Glööckler vorstellen, der Kirche wieder beizutreten. Ob seine pompösen Botschaften durch die Mauern des Vatikan dringen, bleibt jedoch fraglich.

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