Nordmann und der Osten
Es ist spannend, den Vater und seine Tochter bei ihrer Arbeit mit den Christbäumen zu beobachten. Viel haben sie zu erzählen, worüber sich die Endverbraucher nicht viele Gedanken machen müssen, aber alles der Reihe nach.
Vorab ein wenig Natur- und Wirtschaftskunde: Der bis zu 960 Meter hohe und vor allem mit Nadelwäldern bedeckte Jauerling oberhalb des Donau-Nordufers zählt bereits zum Waldviertel und ist zugleich höchste Erhebung in der Wachau. Im Herbst und im Frühjahr sind die Böden (ihr pH-Wert liegt bei 5) nur selten Frösten ausgesetzt.
Dass die Bedingungen hier ideal sind, wissen nicht nur die Reithners, die an der Panaromastraße in der Nähe vom Wirtshaus „Waldruhe“ zu Hause sind. Von den rund 1.000 Einwohnern ihrer Gemeinde lassen gut hundert Familien Christbäume auf ihren Grundstücken wachsen. „Sogar unser Pfarrer besitzt eine eigene Kultur“, freut sich die fünf Jahre lang regierende 25 Jahre alte Königin.
Wie zum Beweis für diese Angaben zieht ein beladener Lkw nach dem anderen vom Jauerling hinunter ins Tal. Und dann kreischen schon die Motorsägen von den rumänischen Saisonniers und den Reithners um die Wette.
Rund 5.000 Bäume werden in diesen Tagen für den Verkauf ausgesucht, mit blau-gelben Schleifen markiert, mit Maschinen geschnitten, in Netze gepackt und mit dem Traktor zum Lagerplatz verfrachtet, ehe auch sie runter zu den Menschen gebracht werden.
„Gut achtzig Prozent der Samen für unsere Nordmann-Tannen kommen übrigens aus Georgien“, erwähnt Josef Reithner nebenbei. Drei bis vier Jahre wachsen diese Ost-Migranten dann geschützt und gepflegt in heimischen Baumschulen, ehe er sie für 70 Cent pro Stück erwirbt und im Abstand von 1,50 Meter Reihe für Reihe pflanzt.
Wer nun meint, dass ein schöner Baum im Nu fertig für Weihnachten ist, irrt, wie Tochter Ricarda betont: „So ein Baum wächst rund zwölf Jahre lang. In dieser Zeit wird er ständig beobachtet. Und wenn seine Triebe nicht in die richtige Richtung wachsen, haben wir diverse Korrekturmöglichkeiten.“ So kann sie mit dem „Triebregler“ ein verirrtes Ästchen wieder in eine hübschere Richtung bringen.
Und dann gibt es ja noch den Knospeneliminierer und den Grünrüssler. Doch keine Angst, Papa Reithner, der den Betrieb von seinem Vater übernommen und sich dann auf Christbäume spezialisiert hat, weiß sich gegen diese Störenfriede mechanisch und natürlich zur Wehr zu setzen: Die Knospen schützt er zum Beispiel mit Stangerln aus Holz, die auch den Vögeln das Landen verleiden.
Und gegen die Laus helfen Substanzen aus der Natur, auf die auch seine Kollegen, die Weinbauern, vertrauen.
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