So ein Holler: Wie man ihn am besten anbaut, erntet und zubereitet

So ein Holler:  Wie man ihn am besten anbaut, erntet und zubereitet
Bei der Ente sollte man auf den richtigen Dresscode achten - und beim Zurückschneiden sich gar entschuldigen. Ein Knigge für die Erntesaison.

Manuela Leiner wartet auf bessere Tage: „Erst wenn ein zwei Tage nacheinander die Sonne scheint, kann ich die Hollerblüten ernten, denn nur dann entfalten sie ihr volles Aroma“, erzählt die Holunderbäuerin aus der Steiermark. Nur logisch, dass sie sich mit dem Steinobst – die dunklen Früchte sind eigentlich keine Beeren – auskennt.

Manuela Leiner aus Großpesendorf im Bezirk Weiz ist sich sicher, dass es heuer noch das passende Zeitfenster für die Ernte geben wird. „Vor zwei Jahren habe ich auch gezittert und dann gab es doch eine kurze Schönwetterperiode“, erinnert sie sich. Am Morgen des dritten warmen Tags – so gegen 10 Uhr, wenn der Tau abgetrocknet ist – machte sie sich auf zu einigen ihrer 4.000 Holunderbäume. Ja, es sind bei den Leiners Bäume, doch dazu später mehr. 

Leiner erzählt, worauf man bei der Ernte noch achten muss und eine Sprachwissenschafterin erläutert, warum die Österreicher oft einen Holler erzählen.

Profi–Tipp: „Erst wenn alle Blüten komplett geöffnet sind, schneide ich sie ab. Viele ernten die Dolden bereits, wenn erst ein Drittel geöffnet ist, doch dann haben sie nicht das volle Aroma.“ Greift man in die Blüten und sind die Hände komplett gelb, sind sie jedenfalls perfekt.

Bloß nicht waschen

Bevor die Steirerin die süßlich duftenden Blüten zu Sirup, Gelee oder Tee verarbeitet, legt sie sie umgekehrt auf ein weißes Tuch oder Blatt Papier: „So krabbeln die kleinen Tierchen heraus.“ Vom Waschen rät sie ab – denn dabei verlieren die Blüten ihr zartes Aroma.

Nicht süß, sondern fast schon bitter sind hingegen die Beeren, die im Spätsommer geerntet werden. Zur Doldenernte ist nicht nur bei den Leiners Hochbetrieb (holunderblueten.at). Gefragt ist der fast schwarze Saft besonders wegen seiner dunklen Farbe. Wie intensiv der schwarze Holunder, gemeinhin Holler genannt, färbt, weiß jeder, der einmal versucht hat, Flecken aus der Kleidung zu entfernen. „Das geht nicht – ziehen Sie nichts an, was nicht schmutzig werden darf“, rät die junge Bäuerin. Anders ist das bei gefärbten Händen: „Die lassen sich mit Zitronensaft reinigen.“

Kindheitserinnerungen

Was den Holler in Österreich so beliebt macht, hat wohl viele Gründe. Einer davon: Es verbindet wohl so gut wie jeder eine Emotion damit – sei es die Erinnerung an die gebackenen Hollerblüten, die die Oma machte, oder an den Sirup, den es nach Bergmärschen mit der Familie auf der angepeilten Hütte gab.

Auch die Robustheit macht die Fliederbeere, wie die Norddeutschen sagen, so beliebt. „Sie gedeiht sowohl im Halbschatten als auch in der prallen Sonne“, sagt die Expertin. Einzig Staunässe mag er überhaupt nicht – sind seine Wurzeln zu lange sehr feucht, stirbt er ab. Wer aus dem Strauch einen Baum machen will, der muss jedes Jahr die Triebe kräftig stutzen und nur zwölf Äste stehen lassen – die Früchte wachsen auf den zweijährigen Ästen besser. Wird ein neuer Strauch oder Busch gesetzt, gedeiht dieser besser, wenn man Schafwolle und Glassplitter mit in die Erde gibt. Letztere vertreiben die Wühlmäuse, für die Hollerwurzeln eine Delikatesse sind. Und das ist kein Holler, den Manuela Leiner da erzählt. Warum dieser in Österreich oft als Synonym für Unsinn herhalten muss, kann man nur vermuten. Für Christiane Pabst, Chefredakteurin des Österreichischen Wörterbuchs, ist eine mögliche Erklärung, dass der Holler schon immer als ein magischer Strauch galt.

So ein Holler:  Wie man ihn am besten anbaut, erntet und zubereitet

Frau Holle

In ihm wohnten Hexen oder auch die nordische Göttin Freya, die viele Ähnlichkeiten mit Frau Holle haben soll. „Das Magische, das Unverständliche, der Hokuspokus, der von ihm ausging, könnte der Ursprung der Redeweise sein“, meint die Sprachwissenschafterin.

Mit dem Holunder sollte man sich jedenfalls nicht anlegen. In manchen Gegenden warnt man heute noch davor, die Axt an den Strauch zu legen – nach dem Volksglauben bringt das Aushacken und Verstümmeln den Tod. Manche entschuldigen sich deshalb sogar bei ihm, bevor sie ihn zurückschneiden. Andere zogen hingegen ihren Hut vor dem Gewächs, dass immerhin stattliche elf Meter hoch werden kann.

Die Leiners hätten da allerdings viel zu tun – 4000 Mal den Hut lüften, wär’ dann etwas zu viel verlangt.

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