Mit offenen Armen
Der sogenannte „Pedibus“ soll Abhilfe schaffen. Er wurde von der Klimaschutzinitiative des Klimaschutzministeriums ins Rollen gebracht, besser gesagt: losgetreten. Hunderte Schüler sind heute österreichweit per pedes unterwegs.
Auch hier in Gloggnitz am Fuße des Semmerings. Schon im vierten Jahr nähern sich Kinder von der ersten bis zur vierten Schulstufe zu Fuß der großen, modern geplanten Volksschule im Zentrum der 6000 Einwohner-Stadt. Bis zu zehn Kinder kommen von oben, von der Semmering-Straße, ebenso viele von unten, vom Bahnhof.
Weil die Älteren auf die Jüngeren aufpassen, müssen sich ihre Eltern keine groben Sorgen machen. Es gibt zwar Schüler-Lotsen in der Person von freiwillig aushelfenden Vätern und Müttern. Aber die gehen nur am Anfang des Schuljahres mit. „Oder wenn sich neue Kinder unserem Zug anschließen möchten“, erklärt Angela Sax, Mutter von Carina aus der 3B.
Sax ist eine Lotsin, geht heute wieder einmal mit. Sie freut sich, dass ihre Tochter schon in der Früh zwanzig Minuten lang an der frischen Luft ist. „Außerdem lernt sie dabei, auf andere Kinder und andere Verkehrsteilnehmer Rücksicht zu nehmen.“
Ein weiterer Vorteil sei, fügt die Mutter hinzu, „dass ich mir in der Früh eine halbe Stunde im Auto erspare“. Denn je näher der Pulk mit ihrer Tochter zur Schule kommt, umso mehr sieht man jene im Stau, die ihre Kinder weiterhin mit ihrem Auto vor die Schule bringen.
Direktor Herbert Pfeiffer erwartet den „Pedibus“ – mit offenen Armen, wie er betont. Und das von Anfang an. Der Pädagoge erkennt mit freiem Auge, wer heute schon in Bewegung war und wer nur die wenigen Schritte von seinem Auto-Kindersitz zur Schulbank hinter sich gebracht hat. Das sind die Blassen oder die, die sich austoben müssen.
Auch Pfeiffer hat als Kind seinen Schulweg genossen. Er spricht von einem Privileg: „Neben den gesundheitlichen Vorteilen unterstützt ja das gemeinsame Gehen auch das soziale Lernen. In der Gruppe bekommen die Kinder schnell mit, ihren Platz zu finden. Und Spaß haben sie auch.“
Der Schönheitsfehler
Auf die Frage, ob sie nicht viel lieber mit ihren Eltern zur Schule fahren wollen, lassen die spontanen Antworten von Carina und Mia nur wenig Spielraum für Deutung. Denn die Mädchen verdrehen jetzt heftig ihre Köpfe.
Direktor Pfeiffer sieht nur einen Schönheitsfehler beim „Pedibus“ von Gloggnitz. Mit einem kritischen Blick auf das viele Blech vor seiner Schule rechnet er vor: „Wir haben rund 200 Schüler hier. Es könnten gerne eine Menge mehr Teilnehmer sein.“ Im neuen Jahr ist daher erneut ein Anlauf geplant, um Eltern für die gut erprobte Initiative zu gewinnen.
Für Elternvereinsobfrau Kerstin Rodharth ist auch das bisher Erreichte ein schöner Erfolg: „Jedes Kind mehr ist ein Auto weniger.“ Rodharth hat vor vier Jahren geholfen, eine diesbezügliche Anfrage aus der Gemeinde behutsam und auch mit langem Atem in die Praxis umzusetzen. „Das erforderte schon eine gewisse Vorlaufzeit, auch zahlreiche bilaterale Gespräche.“
Ihre Töchter zählten zu den ersten Kindern, die vom „Pedibus“ profitiert haben. Sie sind heute nicht mehr mit von der Partie, weil sie nicht mehr im Volksschulalter sind.
Ihre engagierte Mutter freut sich dessen ungeachtet, dass künftige Generationen von dieser Idee profitieren werden: „Neben allen Vorteilen für unsere Kinder, für uns Eltern und für die Lehrer ist es doch auch schön, wenn wir in der Früh alle gemeinsam weniger CO2 produzieren.“
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